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Kanton
04.10.2023
04.10.2023 06:29 Uhr

Verschmutzungsvorwurf an Züger

Hat die Züger Frischkäse AG von CEO Christof Züger (r.) die Thur mit «Polisherwasser» verunreinigt? Nun muss wohl das Gericht entscheiden.
Hat die Züger Frischkäse AG von CEO Christof Züger (r.) die Thur mit «Polisherwasser» verunreinigt? Nun muss wohl das Gericht entscheiden. Bild: zVg/stgallen24
Die Züger Frischkäse AG aus Oberbüren soll unerlaubt «Polisherwasser» in die Thur abgeleitet haben, so ein Vorwurf der St.Galler Staatsanwaltschaft. Die Firma wehrt sich.

Am 7. September sei ein Strafbefehl wegen mehrfachen Vergehens gegen das Gewässerschutzgesetz des Bundes erlassen worden, bestätigte die St.Galler Staatsanwaltschaft gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA einen Bericht des «St.Galler Tagblatts» vom Montag.

Das Unternehmen soll insgesamt 61'000 Kubikmeter «Polisherwasser» in die Thur geleitet und so Entsorgungskosten eingespart haben. Die Staatsanwaltschaft verlangte im Strafbefehl eine bedingte Geldstrafe von 144'000 Franken sowie eine Busse von 10'000 Franken. Dazu kommen als Ersatzforderung eingesparte Entsorgungskosten von rund 73'000 Franken

Gegen den Strafbefehl wurde Einsprache erhoben. Deshalb sei das Verfahren noch pendent, sagte Leo-Philippe Menzel, Sprecher der St.Galler Staatsanwaltschaft. Damit dürfte der Fall vor Gericht landen.

«Keine Gesundheitsgefährdung»

In einem am Montagnachmittag verschickten Communiqué weist die Züger Frischkäse AG die Vorwürfe weitgehend zurück. Wasser aus der Frischkäseproduktion werde in einer Wasseraufbereitungsanlage auf den Firmengelände wieder aufbereitet und in der Produktion verwendet.

Fälschlicherweise sei während der letzten Bauphase vorübergehend gereinigtes «Prozesstrinkwasser» sowie kleine Mengen von Milchbestandteilen direkt der Thur, statt der öffentlichen Abwasserreinigungsanlage zugeführt worden. Das Unternehmen gehe von rund 50 Litern Milch auf 100'000 Litern «Prozesstrinkwasser» aus.

Es sei zu keinem Zeitpunkt ungereinigtes Molkenwasser eingeleitet worden. Als die Messungen leicht höhere Werte gezeigt hätten, seien sofort Gegenmassnahmen ergriffen worden. Das Wasser habe zu keinem Zeitpunkt toxische Substanzen enthalten, eine Gesundheitsgefährdung habe nicht bestanden.

Grüne Kritik an FDP, Züger-CEO und tiefer Strafe

Wie das Tagblatt am Montag berichtete, hat die St.Galler Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl gegen Markus Züger erlassen. Der Bruder des FDP-Nationalratskandidaten und CEO Christof Züger soll dafür verantwortlich sein, dass die Züger Frischkäse AG in Oberbüren während eines ganzen Jahres Abwasser aus der Käserei illegal entsorgt hat. Der Beschuldigte hat gegen den Strafbefehl Einsprache erhoben. Der Fall liegt beim Kreisgericht und es gilt die Unschuldsvermutung.

Stellungnahme der FDP zeugt von fehlendem Sachverstand

Die FDP spielt die Medienberichterstattung als Wahlkampfgetöse herunter. Sie spricht von einem «ehemaligen Vorfall», der bereits drei Jahre zurückliege. Es sei nur eine geringe Menge Milch «unbeabsichtigt, unbemerkt und unsichtbar» in die Thur gelangt, dadurch habe «keinerlei Gefahr für Mensch, Natur und Tier» bestanden. Diese verharmlosende Stellungnahme zeigt, dass der FDP nach wie vor jegliche Sensibilität und jegliches Verständnis für ökologische Zusammenhänge fehlt, obschon sie sich neuerdings als umweltbewusst darstellt. Die im Molkereiabwasser enthaltenen organischen Stoffe können das ökologische Gleichgewicht in Gewässern empfindlich stören. Die Staatsanwaltschaft und das Amt für Umwelt haben die Gewässerverschmutzung denn auch als schwerwiegend eingestuft, wie aus der Medienberichterstattung hervorgeht.

Der Umstand, dass der Vorfall bereits drei Jahre zurückliegt und erst jetzt während des Wahlkampfs publik wurde, ändert nichts daran, dass es sich um eine massive Umweltverschmutzung handelte. Diese dürfte, wenn nicht auf Vorsatz, so doch zumindest auf mangelnde Sorgfalt zurückzuführen sein. Für die Grünen erscheint es wenig glaubwürdig, dass der Abfluss von Tausenden Kubikmetern Abwasser über den Zeitraum von einem Jahr nicht bemerkt worden sein soll. Zudem drängt sich die Frage auf, warum Christof Züger – als angeblich verantwortungsbewusster Unternehmer – die Öffentlichkeit nicht von sich aus über den Vorfall informiert hat. Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte den Sachverhalt beurteilen.

Kantonsrat lehnte härtere Strafen für Umweltdelikte ab

Nachdem erst vergangenes Jahr der Umweltskandal bei der Firma Amcor in Goldach die Ostschweiz erschüttert hatte, hatten die Grünen im Kantonsrat ein Standesbegehren eingereicht, das strengere Sanktionen gegen fehlbare Unternehmen forderte. Die Ratsmehrheit lehnte den Vorstoss in der vergangenen Septembersession ab, obschon sich die Regierung dafür ausgesprochen hatte. Es ist für die Grünen unverständlich, dass FDP, SVP und Mitte-EVP sich unter Verweis auf die unternehmerische Eigenverantwortung gegen griffige gesetzliche Regelungen wehren.

Das geltende Recht bietet offensichtlich keine genügenden Anreize für Firmen, sich an Umweltschutzvorschriften zu halten. Dies verdeutlicht der aktuelle Strafbefehl gegen Markus Züger: Eine Geldstrafe von 144'000 Franken wurde nur bedingt ausgesprochen. Die Züger Frischkäse AG bezahlt lediglich eine Busse von 10'000 Franken sowie die eingesparten Entsorgungskosten. Für eine Firma mit Millionenumsatz sind solche Sanktionen geradezu lächerlich und haben keine abschreckende Wirkung.

Grüne Kanton St.Gallen

Keystone-SDA / Grüne Kanton St.Gallen / Linth24