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Kanton
20.10.2023
20.10.2023 12:22 Uhr

Theaterprovisorium zügelt

Drei Jahre lang wurde der Holzbau in St. Gallen als Theater genutzt. Nun wird das Provisorium abgebaut und nach Ingolstadt D transportiert. (Archivbild)
Drei Jahre lang wurde der Holzbau in St. Gallen als Theater genutzt. Nun wird das Provisorium abgebaut und nach Ingolstadt D transportiert. (Archivbild) Bild: KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER
Für das St.Galler Theaterprovisorium ist spät doch noch ein Abnehmer gefunden worden. Doch die Kosten bleiben beim Kanton.

Lange hat es gedauert, bis mit Ingolstadt in Oberbayern doch noch ein reeller Interessent für den Holzbau des Theaterprovisoriums mit rund 500 Plätzen gefunden wurde. Seit Ende August sei die Verantwortung für den termingerechten Abbruch an die Blumer Lehmann AG übergegangen, heisst es vom Bau- und Umweltdepartement auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Umzug ist teurer als Abbruch

Damit wurden die vertraglich vereinbarten Abbruchkosten von 450'000 Franken für den Kanton fällig. Geplant ist nun aber kein Abbruch, sondern eine Demontage für den Wiederaufbau. Die Kosten dafür liegen um einiges höher. Unter anderem müsse mit einem doppelt so hohen Personalaufwand gerechnet werden.

Eine zu einem früheren Zeitpunkt vom Kanton eingeholte Offerte ging von einem Betrag von rund 920'000 Franken ohne Mehrwertsteuer aus. In der Vorlage ans Parlament rechnet der Stadtrat von Ingolstadt mit rund 600'000 Euro für den Abbau in St. Gallen.

Die Stadt Ingolstadt habe also die Differenz zwischen den geleisteten Abbruchkosten des Kantons und den effektiven Demontagekosten zu tragen, heisst es vom Departement. Die genauen Details der Offerten zwischen der Blumer Lehmann AG und Ingolstadt seien dem Kanton aber nicht bekannt.

Rückkehr in Stammhaus

 

Nach drei Jahren im Provisorium wird die neue Spielzeit des St. Galler Theaters am Sonntagabend im frisch renovierten Stammhaus mit einer Welturaufführung beginnen. Zuvor ist die Bevölkerung hinter die Kulissen zur Besichtigung eingeladen. Im letzten Moment wurde auch noch eine Lösung für das Provisorium gefunden.

Wenn das Publikum am Tag der offenen Tür am Sonntag ab 10 Uhr das Foyer oder den grossen Theatersaal besichtigt, wird es dort kaum auffällige Veränderungen entdecken. Anders sieht dies allerdings hinter den Kulissen, in den verschiedenen Werkstätten, im Ballettsaal oder in den Garderoben der Künstlerinnen und Künstler aus.

Dort waren die Zustände vor der Sanierung teilweise prekär: Arbeitsrechtliche Vorschriften konnten nicht eingehalten werden, etwa weil in den Theaterwerkstätten das Tageslicht fehlte. Im Probesaal konnte das Ballett keine Hebefiguren üben, weil sich die Tänzerinnen und Tänzer an der niedrigen Decke den Kopf angestossen hätten.

Die Technik war marode. Für die defekte Steuerung der Hebebühnen waren keine Ersatzteile mehr lieferbar. Die Bodenheizung im Foyer konnte nicht mehr in Betrieb genommen werden, weil sie nicht mehr dicht war.

Abstimmung 2018

50 Jahre lang war der Bau aus Sichtbeton des Zürcher Architekten Claude Paillard ohne grosse Renovationen ausgekommen. Im März 2018 bewilligten dann aber die St. Galler Stimmberechtigen mit rund 62 Prozent Ja-Stimmen einen Kredit von 48,6 Millionen Franken für eine umfassende Sanierung. Die Arbeiten begannen im Herbst 2020.

Der Theaterbetrieb ging trotzdem weiter, statt im Stammhaus mit 780 Plätzen im nahen Provisorium, einem neu erstellten Holzbau mit rund 500 Sitzen. Nicht alles lief in der dreijährigen Sanierungsphase problemlos.

Wegen der Covid-19-Pandemie mussten der Theater- und Konzertbetrieb über Monate eingestellt werden. Im Betonbau kam Asbest zum Vorschein, der zu einer Verlängerung der Arbeiten um ein halbes Jahr führte. Mehrkosten fielen an, weil die Erneuerung der Audio-, Video- und Kommunikationstechnik sowie der Theaterscheinwerfer im Projekt nicht eingerechnet waren. Der Kantonsrat musste einen Zusatzkredit von drei Millionen Franken genehmigen.

Als sich das Ende der Sanierung abzeichnete, entwickelte sich ein längeres Hin-und-Her um die Zukunft des Provisoriums. Unter den St. Galler Gemeinden gab es gleich mehrere Interessenten wie Goldach oder Altstätten, die dann aber doch verzichteten. Danach sah es lange so aus, als würde das Ersatztheater wie ursprünglich geplant abgebrochen und die Bauteile wiederverwendet werden.

Keystone-SDA