Im Mobilitätskonzept 2040 verfolgt die Stadt St.Gallen eine «3-V-Strategie». Sie steht für «Verkehr vermeiden», «Verkehr verlagern» und «Verkehr verträglich gestalten». Zu diesem Ziel können City-Logistik-Konzepte beitragen, wie sie in vielen Städten bereits erfolgreich umgesetzt worden sind.
Durch eine intelligente Bündelung der Transporte müssen weniger Last- oder Lieferwagen in die Innenstädte fahren. An ihre Stelle rücken zum Beispiel kleine, energieeffiziente Fahrzeuge wie Cargo Bikes, die die Feinverteilung übernehmen. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Urbanisierung, Verkehrsproblemen, Platzmangel und dem Bedürfnis nach grüneren und attraktiveren Städten werden solche Lösungen zunehmend relevant.
Theoretisches Modell für St.Gallen
Auf Initiative des IDEE Institut für Innovation, Design und Engineering an der OST – Ostschweizer Fachhochschule haben sich Raphael Gruber und Thomas Heinzmann vertieft mit einem City-Logistik-Konzept für die Stadt St.Gallen auseinandergesetzt. Die beiden Absolventen des MAS Corporate Innovation Design an der OST widmeten sich dem Thema im Rahmen ihrer Masterarbeit.
Ein Teilziel der Arbeit bestand darin, die Erfolgsfaktoren von bestehenden City-Logistik-Konzepten und Logistiklösungen verschiedener Branchen aufzuzeigen. Auf Basis dessen entwickelten die beiden ein theoretisches Modell für die Stadt St.Gallen. Daraus leiteten sie wiederum konkrete Handlungsempfehlungen für die Gallusstadt ab.
Bestehende Konzepte in Basel und Zürich
In einem ersten Schritt nahmen Thomas Heinzmann und Raphael Gruber bereits existierende City-Logistik-Konzepte aus verschiedenen Städten unter die Lupe. Darunter etwa den «Green CityHub», wo Pakete gesammelt und für die Zustellung der letzten Meile in die Stadt Basel disponiert werden.
Oder auch die «Salü-Boxen» – intelligente Schliessfächer in Zürcher Quartieren, wo man Pakete abholen, verschicken oder tauschen kann. Die Zustelldienste müssen somit nicht mehr jede einzelne Adresse anfahren. Aber auch Konzepte in St.Gallen finden in der Masterarbeit Erwähnung. Zum Beispiel «Die Fliege» – ein Velokurierdienst, der schnelle und zuverlässige Lieferungen per Fahrrad innerhalb der Stadt anbietet.
Eine einzige Lösung für alle nicht möglich
Ein besonderer Fokus wird zudem auf ein Pilotprojekt gerichtet, das die Logistikunternehmen Emil Egger AG und Ruckstuhl Transport vor rund fünf Jahren zusammen mit der Stadt St.Gallen und dem Gewerbe initiiert hatten. Dies mit dem Ziel, eine effizientere Belieferung der Innenstadt zu gewährleisten. Das Projekt wurde aber wieder eingestellt. Es habe verdeutlicht, dass es nicht möglich sei, eine einzige Lösung zu schaffen, die für alle Anspruchsgruppen funktioniere, sagt Raphael Gruber.
Mit den Bedürfnissen dieser Anspruchsgruppen haben er und Thomas Heinzmann sich vertieft auseinandergesetzt. So führten sie im Rahmen ihrer Masterarbeit Interviews mit Gewerbetreibenden, Vertretenden von Logistikunternehmen oder Anwohnenden, um Probleme und Herausforderungen im Zusammenhang mit der City Logistik in St.Gallen zu erfassen.
Leidensdruck ist klein
Die Interviews hätten ergeben, dass kein akuter Bedarf nach einer neuen Lösung bestehe und aktuell keine Probleme in Bezug auf die City Logistik in St.Gallen bekannt seien, sagt Thomas Heinzmann. «Das Gewerbe hat eigene Lösungen entwickelt, die derzeit ausreichend funktionieren und aufgrund wirtschaftlicher Vorteile attraktiv sind.»
Der Umstand, dass kein Leidensdruck des Gewerbes in der Innenstadt in Bezug auf die City-Logistik bestehe, führe bei den Logistikunternehmen dazu, bereits existierende Ideen nicht weiter auszubauen, ergänzt er. «So entsteht für das Gewebe keine gesamtheitliche Lösung, die das Potenzial hat, einen Vorteil durch Synergien zu erzeugen.»