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Kanton
13.09.2019
15.09.2019 06:15 Uhr

Erinnerung an ein dunkles Kapitel

Symbolbild
Symbolbild
In der Lokremise St.Gallen findet ein Gedenkanlass zu den einstigen fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen statt.

Im Rahmen der Feier wird auf der nahen Kreuzbleiche ein dauerhaftes Zeichen der Erinnerung an dieses dunkle Kapitel der St.Galler Geschichte eingeweiht. In erster Linie sind Betroffene und ihre Angehörigen zu diesem Nachmittag eingeladen; der Anlass ist jedoch öffentlich.

Bis teilweise in die 1980er-Jahre wurden im Kanton St.Gallen Kinder, junge Menschen und Erwachsene auf staatliche Anordnung oft ohne ausreichende Abklärungen gegen ihren Willen in Heimen, Anstalten, oder bei Privaten platziert. Begründet wurden viele dieser Massnahmen mit schwierigen familiären Verhältnissen und Verhaltensweisen ausserhalb der damals geltenden Normvorstellungen. Aus heutiger Sicht waren viele dieser massiven und lange andauernden Eingriffe in die individuelle Lebensführung falsch. Zudem haben die Betroffenen in den entsprechenden Institutionen oft seelisches und körperliches Leid erfahren, das ihr Leben bis heute prägt. 

Ein Anlass zum Gedenken und zur historischen Reflexion 

Zu diesem Anlass lädt das Departement des Innern des Kantons St.Gallen in Zusammenarbeit mit der Vereinigung der St.Galler Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten sowie der Stadt St.Gallen ein. Die Beteiligung der kommunalen Ebene ist insofern von Bedeutung, als viele konkrete Massnahmen von Gemeinden angeordnet worden sind.

Weitere Organisationen, etwa die Stiftung Opferhilfe, sind ebenfalls am Projekt beteiligt. Am Anlass selber werden Stellungnahmen seitens des Kantons und Betroffener ergänzt durch zwei wissenschaftliche Referate: Jakob Tanner, emeritierter Professor für Allgemeine und Schweizer Geschichte an der Universität Zürich, und Lukas Gschwend, Professor für Rechtsgeschichte an der Universität St.Gallen, werden das Thema aus historischer Perspektive beleuchten.

Im Anschluss an das Programm in der Lokremise wird ein Erinnerungszeichen auf dem nahen Spielplatz Kreuzbleiche eingeweiht (Beginn ca. 15.30 Uhr). Der ganze Anlass richtet sich in erster Linie an Betroffene und ihre Angehörigen, ist aber öffentlich. Eine Anmeldung ist nicht notwendig. 

Betroffene einbezogen 

Der Gedenkort und die Art des Erinnerungszeichens wurden in enger Zusammenarbeit mit Betroffenen bestimmt, unterstützt wurde der Kanton dabei von der Stadt St.Gallen. Ein Spielplatz als Standort mag ungewöhnlich erscheinen, soll aber auf die Tatsache verweisen, dass aufgrund der angeordneten Massnahmen vielen Betroffenen eine unbeschwerte Kindheit und Jugend verwehrt blieb. 

Der Gedenkanlass und das Zeichen der Erinnerung sind nur zwei von mehreren Massnahmen des Kantons St.Gallen zu diesem Thema. Betroffene werden seit längerer Zeit vom Staatsarchiv und von der Stiftung Opferhilfe bei der Suche nach Akten zu ihrer Lebensgeschichte unterstützt. Entsprechende Dokumente und Hilfestellungen waren gefragt, um die Gesuche von Einzelpersonen um einen Solidaritätsbeitrag des Bundes einzureichen. Die Stiftung Opferhilfe hat bis Ende 2018 479 Betroffene beraten. Von diesen Betroffenen haben bis letztes Jahr 423 Personen ein Gesuch für einen Beitrag gestellt. Auch das Staatsarchiv war in 354 Fällen beratend tätig. Der Kanton leistet ausserdem einen Beitrag von 900'000 Franken an den entsprechenden Fonds des Bundes. Im Weiteren laufen im Kanton St.Gallen Forschungsarbeiten zur historischen Untersuchung dieser Themenfelder sowie die Sicherung und Erschliessung von Quellen aus den Heiminstitutionen im Staatsarchiv.

 

Der Kanton St.Gallen erinnert an dieses dunkle Kapitel seiner Geschichte mit einem Gedenkanlass. Dieser findet statt am Samstag, 21. September 2019, um 14.00 Uhr in der Lokremise in St.Gallen. 

OM, Staatskanzlei St.Gallen