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Leserbrief
Region
13.06.2025
13.06.2025 06:15 Uhr

Bauwachstum ohne Tragfähigkeit

Linth24-Leser Stefan Gschwend (l.) schreibt über Schattenseiten, Folgekosten und unerfüllte Erwartungen der regen Bautätigkeit im Linthgebiet.
Linth24-Leser Stefan Gschwend (l.) schreibt über Schattenseiten, Folgekosten und unerfüllte Erwartungen der regen Bautätigkeit im Linthgebiet. Bild: zVg (Collage Linth24)
Trotz Bauboom bleibt laut Leser Stefan Gschwend die finanzielle Tragfähigkeit im Linthgebiet aus. Wegen steigender Folgekosten und struktureller Ungleichgewichte sei umzudenken.

Linth24-Leser Stefan Gschwend schreibt:

«Mit Interesse habe ich den Bericht über den angespannten Immobilienmarkt in unserer Region gelesen. Gerade im Linthgebiet – insbesondere in Benken, Kaltbrunn, Gommiswald und Schmerikon – offenbart sich ein strukturelles Ungleichgewicht, das weit über Angebot und Nachfrage hinausgeht.

Rückläufiges Steueraufkommen trotz intensiven Bauens

Trotz intensiver Bautätigkeit bleiben nachhaltige fiskalische Effekte aus. Die Gemeindesteuern entwickeln sich rückläufig, während die Ausgaben in den Bereichen Bildung, soziale Unterstützung und Gesundheit kontinuierlich steigen. Viele Zugezogene tragen nicht in dem Masse zur Steuerkraft bei, wie es die Erwartungen an die Neubauten vermuten lassen. Die Hoffnung, dass Wachstum automatisch zu mehr finanzieller Tragfähigkeit führt, erfüllt sich nicht – oder allenfalls für Baufirmen und Landbesitzer.

Einmalige Einnahmen aus Handänderungen kompensieren diese strukturellen Schwächen nicht, sondern befeuern eine Dynamik des ständigen Weiterbauens – mit wachsenden Folgekosten. Gleichzeitig wird das Thema Steuerfuss politisch ausgespart, da keine Gemeinde die erste sein möchte, die offen über notwendige Anpassungen spricht.

Höhere Prämien als Folgekosten

Hinzu kommt ein weniger sichtbarer, aber umso wirksamerer Belastungsfaktor: Die Nähe zum Kanton Zürich führt dazu, dass zunehmend Menschen mit höherem Versorgungsbedarf in unsere Region ziehen. Dies wirkt sich spürbar auf die Gesundheitskosten aus. Seit der Einführung der obligatorischen Krankenversicherung verzeichnet der Kanton St.Gallen einen der schweizweit höchsten Prämienanstiege – nur zwei Kantone liegen noch darüber (vgl. Grafik unten). Das signalisiert nicht nur steigende Belastung für die Versicherten, sondern auch einen wachsenden Druck auf die öffentlichen Haushalte.

  • Zusammenstellung der Prämientarife der Krankenkasse für Erwachsene nach Kantonen (Teil 1). Bild: zVg
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  • Zusammenstellung der Prämientarife der Krankenkasse für Erwachsene nach Kantonen (Teil 2 mit Kanton St.Gallen). Bild: zVg
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  • Zusammenstellung der Prämientarife der Krankenkasse für Erwachsene nach Kantonen (Teil 3). Bild: zVg
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Qualitative Entwicklung statt reines Flächenwachstum

Es wäre an der Zeit, den Fokus von reinem Flächenwachstum hin zu qualitativer Entwicklung zu richten – mit gezielter Siedlungspolitik, abgestimmter Infrastrukturplanung und einem kritischen Blick auf die Wirksamkeit des kantonalen Finanzausgleichs. Denn wirtschaftliche Substanz entsteht nicht allein durch Baugesuche, sondern durch langfristige Tragfähigkeit in Bevölkerung, Infrastruktur und Gemeindefinanzen.»

Stefan Gschwend, Schmerikon