Wie stark werden Schüler/innen heute im Unterricht von ihren Smartphones abgelenkt? Und sollten die Geräte deswegen aus dem Klassenzimmer verbannt werden? Diese und weitere Fragen wurden am Mittwoch, 22. Oktober, im Rahmen von Focus PHSG im Hochschulgebäude Hadwig in St.Gallen diskutiert. Das Thema bewegt derzeit Öffentlichkeit und Politik, was sich auch in der Teilnehmendenzahl niederschlug.
Es bestehen Erkenntnislücken
Zu Beginn vermittelte Dr. Josef Buchner, Bereichsleiter Forschung & Entwicklung am Institut für Digitale und Informatische Bildung der Pädagogischen Hochschule St.Gallen (PHSG), die aktuelle Datenlage, um den Boden für die anschliessende Podiumsdiskussion zu bereiten.
In seinem Input mahnte er zur Besonnenheit in der teils aufgeladenen Diskussion: Exzessive Handynutzung könne zwar negative Auswirkungen auf bestimmte Gruppen von Jugendlichen haben, die Datenlage sei aber noch dünn. Mehr Forschung in diesem Bereich sei dringend notwendig. So könne nicht pauschal gesagt werden, ab wie viel Bildschirmzeit die Nutzung «exzessiv» sei, weil nicht klar ist, was am Handy gemacht werde. Je nach Beschäftigung könne die Handynutzung mitunter sogar positive Effekte auf die psychische Gesundheit oder das Lernen haben. Problematisch werde die Handynutzung dann, wenn sie zum Kontrollverlust führe und Jugendliche ihr Leben anders führen, als sie es ohne Handy tun würden, beispielsweise durch den Wegfall sozialer Kontakte.
Weiter führte Josef Buchner aus, dass nicht nur Smartphones Schüler/innen ablenken würden, sondern viele andere Aktivitäten auch. Das gelte auch für Erwachsene: «Wir alle lassen uns extrem leicht ablenken.»
Bildungsrat empfiehlt, Schulträger entscheiden
Für die Podiumsdiskussion gesellten sich Bildungsdirektorin Bettina Surber, Raphael Frei, FDP-Kantonsrat und Rektor der Schule Buchs, und Lara Böhm, Präsidentin der Studierendenorganisation Kindergarten- und Primarstufe der PHSG, zu Josef Buchner, um den Nutzen von Handyverboten an Schulen zu erörtern. Moderiert wurde die Diskussion von Prof. Dr. Maximilian Koch, Leiter des Instituts Berufsbildung der PHSG.
Für Raphael Frei war klar: «Wir haben ein Problem mit Smartphones, dass wir unter anderem dadurch lösen können, dass sie aus dem Schulzimmer verbannt werden.» Denn Schüler/innen hätten noch keine voll ausgebildete Impulskontrolle und den richtigen Umgang mit den Geräten noch nicht gelernt. In der Schule Buchs seien Smartphones insofern verboten, als dass sie «nicht zu sehen oder zu hören» sein dürfen. Im Unterricht werden Tablets oder Laptops genutzt, in die Schullager dürfen keine Handys mitgenommen werden.
Dies deckt sich mit der Empfehlung des Bildungsrates, die Bettina Surber anführte: Private Smartphones hätten auf dem Schulareal «nichts verloren», für den Unterricht sollen den Schüler/innen geeignete Geräte zur Verfügung gestellt werden. «Es ist aber Sache der Schulträger, den Umgang mit Smartphones in der Schule zu regeln», betonte Bettina Surber.
Lara Böhm stellte sich hingegen gegen ein Handyverbot in der Schule: «Stattdessen sollte man mit den Kindern in den Diskurs gehen. In vielen Themen haben sie ja bereits wesentlich mehr Erfahrung als die Erwachsenen.» Und für Josef Buchner ist eine fächerübergreifende Förderung der digitalen Kompetenzen der Schüler/innen – aber auch von Lehrpersonen, PH-Studierenden und -Dozierenden – sowie ein stärkerer Einbezug der Eltern notwendig.
Schulen kennen die Herausforderungen
In der Schlussrunde, in der die Diskussionsteilnehmenden Wünsche für den Umgang mit Smartphones in der Schule ausdrücken konnten, sprachen sich auch Bettina Surber und Raphael Frei gegen ein kantonales Handyverbot an Schulen aus. In den Schulen sei man sich der Herausforderung bewusst, sagte Bettina Surber: «Wenn in den Schulen Leidensdruck entsteht, dann reagieren die Schulleitungen darauf.» Raphael Frei wünschte sich, dass der Kanton mit den Schulträgern im Austausch bleibe und falls nötig dafür sorge, dass in den einzelnen Schulen die Diskussion um den Umgang mit Smartphones geführt werde.