Die St.Galler FDP zeigt sich irritiert über Kantonsregierung und Bundesrat:
«Nach dem Bundesrat trödelt auch die St.Galler Regierung weiter
Die Lage ist ernst. Für heute hat die Regierung der Bevölkerung neue Massnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie und ihrer Folgen in Aussicht gestellt.
Im Vorfeld legte die FDP folgende Kriterien zur Beurteilung der Massnahmen fest: Wirksamkeit und Verhältnismässigkeit. Anhand dieser Kriterien wäre auch die Bewertung der von der Regierung heute vorgelegten Massnahmen erfolgt.
Nun hat aber die Kantonsregierung nichts beschlossen. Sie trödelt weiter. Und führt damit fort, was der Bundesrat letzten Freitag begann: Ein Hü und Hott, das niemand mehr versteht.
Glaubwürdigkeit der Behörden in Frage gestellt
Bereits die Medienkonferenz des Bundesrates vom letzten Freitag sowie die Verlautbarungen der laufenden Woche hat die FDP mit einer gewissen Irritation zur Kenntnis genommen.
Der Bundesrat hat am Freitag ein sehr düsteres Bild gezeichnet, aber darauf verzichtet, wirksame Massnahmen zu ergreifen und stattdessen die Kantone in die Pflicht genommen. Das ist nicht kohärent.
Es wäre eigentlich ziemlich einfach: Sieht der Bund Handlungsbedarf, soll er handeln. Sieht er das nicht, überlässt er es den Kantonen. Nun entschied er sich für eine schwierig vermittelbare und wenig überzeugende Mischform. Zwischenzeitlich hat der Bundesrat aber wieder landesweite Massnahmen angekündigt.
Dieses ständige Hin und Her ist führungsschwach, inkohärent und vermindert die Glaubwürdigkeit der Behörden mehr und mehr. Zudem kann auch klar gesagt werden, dass der Bund schon längst hätte reagieren sollen. Das wird er wohl am Freitag mit der Ausrufung der ausserordentlichen Lage auch machen.
St.Galler Regierung trödelt weiter
Kommunikativ hat auch die St.Galler Regierung in den letzten Tagen keine Glanzleistung erbracht. Man kann doch nicht nach der Medienkonferenz des Bundesrates vom Freitag auf den Mittwoch verweisen und bis dahin nichts machen, nichts kommunizieren, nicht führen.
Die Regierung muss nun rasch ihre Prozesse und ihre Verantwortung überdenken. Es geht um nichts weniger als die Glaubwürdigkeit – auch der kantonalen Behörden.
Heute hätte die Kantonsregierung Gegensteuer geben können. Aber nein. Nachdem sie tagelang nichts gesagt hat, teilt sei nun mit, dass sie weiter abwartet, was der Bund macht. Vordergründig. Auf Nachfrage wird aber klar: Die notwendigen Verordnungen sind noch nicht bereit.
Die Regierung hätte nun zumindest erste Massnahmen in Kraft setzen können. Die heute erwähnten Vorschläge wären nämlich durchaus verhältnismässig. Wirksam wären sie wohl auch.
Einmal mehr erkennt die Regierung aber den Ernst der Lage nicht: Weder in Bezug auf die Pandemie als auch in Bezug auf ihre eigene Glaubwürdigkeit. Im Kanton und im ganzen Land.
Jeder Todesfall ist einer zu viel
Die hohen Todeszahlen machen die FDP sehr traurig und betroffen. Jeder Todesfall ist einer zu viel.
Dramatisch ist die Situation auch beim medizinischen Personal. Es ist überaus stark belastet, es gibt viele Ausfälle und sehr anstrengende Schutzmassnahmen. An dieser Stelle möchte die FDP dem gesamten medizinischen Personal, den Pflegerinnen und Pflegern, den Ärztinnen und Ärzten und allen, die ihren Beitrag leisten, ganz herzlich danken.
Bedanken müssen wir uns als Gesellschaft aber auch bei allen weiteren Personen, die ihren Beitrag leisten. So die Unternehmerinnen und Unternehmer, die Mütter und Väter, die Lehrpersonen und viele mehr.
Jetzt braucht es Planungssicherheit und klare Regeln
Die Verantwortlichen in der Wirtschaft haben bereits gehandelt und ihre Verantwortung übernommen. Sie arbeiten tagtäglich daran, möglichst günstige Voraussetzungen zur Bekämpfung der Pandemie bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Aktivitäten zu schaffen.
Die Regierungen verunmöglichen der Wirtschaft aber, zu planen. Selbst wenn sie verantwortungsbewusst ans Werk geht.
Zudem versteht die normale Bürgerin und der normale Bürger nicht mehr, was in diesem Land, wo, wie lange in welchem Ausmass gilt. Die Verunsicherung wächst von Tag zu Tag. Der tägliche Informationsbedarf, um korrekt zu handeln, ist mittlerweile riesig.
Einfache Regeln und Privat vor Staat
Gefragt sind einheitliche und einfach einzuhaltende Regeln. Beispielsweise ab 21:00 ist niemand mehr auf der Strasse, sondern daheim, statt ein Restaurantverbot ab 19:00 oder 22:00 Uhr.
Zu prüfen ist auch ein Lockdown über die Weihnachtszeit, in der sowieso viele Firmen geschlossen haben und die Menschen in der Familie sind. Die Fallzahlen und der R-Wert müssen zwingend runter. Andererseits gilt es, mit der Pandemie leben zu lernen.
Die FDP ruft nun die Bevölkerung dringend dazu auf: Beschränken Sie Ihre Kontakte so weit wie möglich, helfen Sie alle bei der Bewältigung dieser Lage mit. Leistet jede und jeder seinen Beitrag und übernimmt Verantwortung, ist das wirksamer als alle staatlichen Massnahmen zusammen. Und es hat erst noch viel weniger gravierende wirtschaftliche Folgen. Privat vor Staat gilt auch hier.»
Die St.Galler SP ist nach eigenen Angaben ‹tief enttäuscht›:
«St.Galler Regierung handelt zu spät und tut zu wenig im Kampf gegen die Corona-Pandemie
Ob die heute von der Regierung beschlossenen Massnahmen (Ausweitung der Sperrstunde, Quarantänepflicht, Reduktion der Anzahl Personen bei Treffen), die wesentlich weniger weit gehen als die Vorschläge des Bundesrates, noch rechtzeitig wirken, ist für die SP sehr fraglich. Es drohen ein weiterer Anstieg der Fallzahlen und vor allem ein Kollaps des Gesundheitssystems.
Für die SP ist es von zentraler Bedeutung, dass die Fallzahlen rasch gesenkt werden können und dafür sind kurzzeitig einschneidende Massnahmen nötig. So bleibt auch der wirtschaftliche Schaden am kleinsten.
Dabei ist es für die SP selbstverständlich, dass die betroffenen Betriebe für die Ausfälle entschädigt werden müssen. Wir müssen solidarisch durch diese Krise. Aktuell wird damit gerechnet, dass anfangs des kommenden Jahres geimpft werden kann. Solange müssen wir noch durchhalten und auch einschneidende Massnahmen ertragen und finanzieren. Alles andere ist verantwortungslos.
Frühe dringende SP-Warnung an die Regierung verhallte
Die SP hat die Regierung bereits Ende Oktober aufgefordert, auf Machtspiele mit dem Bund zu verzichten, Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie konsequent umzusetzen und gleichzeitig den betroffenen Betrieben die notwendige Unterstützung zuzusichern.
Die Forderungen sind weitgehend ungehört verhallt. Die Massnahmen blieben äusserst zurückhaltend, obwohl die Fallzahlen im Kanton kaum gesunken sind, sondern auf hohem Niveau stagniert haben.
Als es Ende der vorletzten Woche und zu Beginn der letzten Woche wieder zu einem Anstieg der Fallzahlen und der Hospitalisationen kam, hat die SP die Regierung aufgefordert, umgehend zu handeln.
Schweizer Höchstwert – St.Gallen mit himmeltraurigem Rekord
Es ist nun wiederum mehr als eine Woche vergangen, in welcher sich das Virus weiterverbreiten konnte, bis die Regierung endlich Massnahmen bekannt gegeben hat – welche auch erst ab dem kommenden Sonntag gelten sollen. Heute hat die Anzahl der Neuinfektionen mit 563 gemeldeten Fällen einen neuen Höchstwert für einen Tag erreicht (ausgenommen Montag, an welchem mehrere Tage gemeldet werden).
Die Massnahmen gehen aus der Sicht der SP grundsätzlich viel zu wenig weit. Sie setzen nicht dort an, wo die Ansteckungen tatsächlich erfolgen.
Die Regierung scheut sich mit den heutigen Null-Massnahmen einmal mehr vor der Verantwortung. Man gewinnt den Eindruck, der Kanton verfolge das Ziel, dass der Bund früher oder später die Verantwortung übernehmen soll und damit auch die Kosten der Pandemie. Eine solche Haltung ist des fünftgrössten Kantons der Schweiz absolut nicht würdig, das ist himmeltraurig.
Die SP ist über die Situation in grosser Sorge. Wenn man die Fallzahlen und die Hospitalisationen anschaut, so fällt Folgendes auf: Gegen Ende Oktober kam es zu einem deutlichen Anstieg der Fallzahlen. Damals waren etwas über hundert coronabedingte Hospitalisationen gemeldet. Diese haben dann aufgrund des deutlichen Anstiegs der Fallzahlen zeitlich verzögert ab dem 4. November stark zugenommen und sind auf bis zu 200 angestiegen.
Nachdem sie kurzzeitig gesunken sind, sind sie in den vergangenen Tagen nun wieder angestiegen und waren heute auf einem hohen Niveau von 189 Fällen. Die Ausgangslage ist damit nochmals anders, als Ende Oktober: Wenn es jetzt wiederum zu einem deutlichen Anstieg der Fallzahlen mit einem zeitlich verzögerten Anstieg auch der Hospitalisationen kommt, so erfolgt dieser Anstieg auf bereits sehr hohem Niveau.
Die SP befürchtet einen Kollaps des Gesundheitssystems und ein Ausbrennen der Ärztinnen und Ärzte und des Pflegepersonals in den Gesundheitseinrichtungen und den Altersheimen. Diesem Szenario ist mit aller Entschiedenheit entgegen zu treten.
Ebenfalls darf nicht hingenommen werden, dass so viele Menschen in dieser Pandemie ihr Leben verlieren. Es ist für die SP unverständlich, warum die Regierung nicht rascher reagiert hat.»