«So etwas habe ich noch nie erlebt», hört man in diesen Tagen und Wochen vielerorts. Vogelgrippe, Schweinegrippe oder der Vorläufer des Coronavirus, das Sars-CoV – auch bekannt unter der Krankheit Sars – legten das öffentliche Leben längst nicht in diesem Masse lahm, wie es das Coronavirus momentan macht. Das letzte Mal, als solch drastische Massnahmen herrschten, war kurz vor Ende des Ersten Weltkriegs, als die Spanische Grippe ausbrach. Eine kurze Reise zurück in die Zeit zwischen 1918 und 1920.
Im Jahr 1918 verbreitete sich die Spanische Grippe. Mitte Mai 1918 erreichte die Epidemie auch die Schweiz. Über die deutsch-französische Grenze machte sie sich unter den Soldaten in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs breit. Im «March-Anzeiger» wurde am 9. Juli zum ersten Mal darüber geschrieben: «Vor einiger Zeit wurde von einer Epidemie berichtet, die in Spanien und auch anderswo durch ihre rasche Ausbreitung auffiel. Nun ist auch die Schweiz befallen», wurde gemeldet. Der Verlauf der Krankheit sei durch Fieber, Kopfschmerzen und Benommenheit, Müdigkeit, Schmerzen in Gliedern und Rücken, Rachenkatarrh, Entzündung der oberen Atemwege, manchmal auch Heiserkeit gekennzeichnet. Auch trockener Husten stelle sich nicht selten ein, ferner träten hie und da Bauchschmerzen auf. Die Liste scheint lang, doch die Krankheit wirkte vorerst harmlos. Einige Zeit später wurde bekannt, dass die Krankheit alles andere als harmlos war. In Berichten wurde nachträglich von drei Wellen gesprochen.
Im September wurde eine Liste aller Neuerkrankten in ärztlicher Behandlung aufgeführt: Höfe 24, Galgenen und Tuggen je vier, Wangen zwölf, Schübelbach drei, Lachen und Altendorf je zwei und Reichenburg einer. Die Todesfälle liessen auch in dieser Region nicht lange auf sich warten. So litt etwa eine 23-Jährige an der Spanischen Grippe und erlag nach 14 Tagen der Krankheit. Dasselbe Schicksal ereilte eine 32-Jährige.
Die Spanische Grippe war für die Schweiz und die Welt einschneidend. Schulen wurden geschlossen, manche Betriebe meldeten über 80 Prozent der Belegschaft als von der Grippe angesteckt. Auch öffentliche Poststellen wurden geschlossen und der Verkehr fuhr unregelmässig. Als die Grippe im November 1918 ihren Höhepunkt erreichte, weigerten sich die Spitäler in der Schweiz sogar, Grippepatienten aufzunehmen. Viele Ärzte waren auch selbst krank oder starben gar an der Grippe. Diese Jahrhundertseuche kostete rund 25'000 Personen in der Schweiz das Leben und 50 Millionen weltweit, was ungefähr dem Fünffachen auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges entspricht.