Die FDP hat die Berichterstattung über die Regierungsratswahlen vom letzten Wochenende mit grosser Sorge beobachtet.
Diverse Medienhäuser setzen in ihrer Berichterstattung bemerkenswerte Schwerpunkte. So ist den meisten Schreibenden offenbar nicht bewusst, dass die Regierung im Majorzsystem gewählt wird. Im Zentrum stehen also die (gewählten) Personen – und nicht die Parteien. In der Berichterstattung wird diesem Umstand wenig bis keine Berücksichtigung beigemessen. Viele Texte drehen sich um die parteipolitische Zusammensetzung der Regierung und den SVP-Verlierer vom Wochenende. Erstaunlich ist weiter, dass trotz der Fokussierung auf die Parteistärken der offenkundigen Übervertretung der SP in der Regierung kein Wort gewidmet wird. Die FDP sieht sich gezwungen, mit eigenen Analysen zu reagieren.
FDP erfolgreich wie nie
Die FDP erzielte einen grossen und beachtenswerten Erfolg. Einmal mehr konnte der Freisinn mit ihrem Kandidaten – entgegen der gegenteilig lautenden Empfehlungen der Tagblatt-Chefredaktion – die Bürgerinnen und Bürger überzeugen. Neben dem im ersten Wahlgang hervorragend wiedergewählten Baudirektor Marc Mächler wurde im zweiten Wahlgang Fraktionspräsident Beat Tinner in die Regierung gewählt.
Der Erfolg am Wochenende steht in einer langen Reihe von Wahlerfolgen. Seit 2008 hat die FDP im Kanton St.Gallen bei jeder nationalen und kantonalen Wahl an Wähleranteilen zugelegt. Ausgenommen davon sind einzig die letzten Kantonsratswahlen vom 8. März. Im Kantonsrat hat die FDP bedauerlicherweise vier Sitze verloren – erklärbar und statistisch nachweisbar ist dies insbesondere aufgrund der personellen Veränderungen der Fraktion in den letzten vier Jahren.
Die FDP hatte ihren Wähleranteil anlässlich der Nationalratswahlen 2019 sogar noch ausgebaut – als eine der landesweit einzigen FDP-Kantonalparteien. Mit den Zugpferden Marcel Dobler, Susanne Vincenz-Stauffacher und den weiteren 40 Kandidierenden auf drei Listen konnte der zweite Nationalratssitz beinahe zum Vollmandat ausgebaut werden. Selbstverständlich hat der Verlust des Ständeratssitzes im letzten Jahr enttäuscht, aber die FDP des Kantons St.Gallen ist mit Bundesrätin Karin Keller-Sutter mehr als hervorragend in Bern vertreten.
Es gewinnt, wer überzeugt
Weshalb ist Beat Tinner der Sprung in die Regierung mit einem bravourösen Resultat gelungen – entgegen den Erwartungen vieler Journalistinnen und Journalisten?
Zum einen setzte sich Beat Tinner wirksam und sichtbar über Jahre für die Bevölkerung ein. Als Gemeindepräsident, Kantonsrat, Fraktionspräsident und Präsident der Vereinigung St.Galler Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten. Die FDP ist dankbar, dass bei diesen Wahlen wieder Kompetenz und Erfahrung gewürdigt wurden.
Zudem hat die FDP das gemacht, was für Wahlerfolge bei Majorzwahlen absolut entscheidend ist: Sie hat weit über die Parteigrenzen hinweg überzeugt und mobilisiert. So gehörten zahlreiche Parteien, Organisationen sowie Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlichster Gruppierungen dem überparteilichen Komitee von Beat Tinner an. Sehr geschätzt und effektiv war zudem auch die offizielle Unterstützung der CVP. Darüber hinaus hat der Freisinn intern ungemein mobilisiert und offensichtlich auf den relevanten Kanälen die richtigen Botschaften verbreitet. Prominente freisinnige Exponentinnen und Exponenten unterstützen auch Kandidierende der anderen Parteien – und warben damit auch in der Breite für Beat Tinner.
Unmögliche Zusammenarbeit mit der SVP
Der FDP wird nun von einigen Medien angelastet, man habe eine bürgerliche Regierung bzw. die Doppelvertretung der SVP verhindert. Falsch.
Nachdem die Zusammenarbeit mit der SVP-Fraktion im Kantonsrat sich über Jahre schwierig gestaltete, SVP-Kantonsräte sich in der Debatte oft im Ton vergriffen und insbesondere der Blocher- und Brunnerflügel die Freisinnigen über Jahre hinweg beleidigte und unlängst als Würmer bezeichnete, versuchte die FDP, Gespräche mit der SVP zu führen und in jüngster Zeit die Zusammenarbeit zu verbessern. So standen für die FDP grundsätzlich immer die sachpolitische Nähe in gewissen Themen im Zentrum. Gerade im Herbst durften erste positive Signale von der SVP entgegengenommen werden. Man einigte sich auf eine gemeinsame Kandidatur für den Ständerat und die FDP zog ihren Kandidaten zurück.
Für die Regierungsratswahlen war diese Zusammenarbeit seitens der SVP aber wieder schnell vergessen. Von Beginn weg machte die Rechtspartei klar: Sie kämpft allein gegen alle. Ihr sei egal, wem sie einen Sitz «abjage», der SP oder der FDP. Diese Kampfansage wiederholte SVP-Kantonalpräsident Walter Gartmann unmittelbar nach der Bekanntgabe der Wahlresultate des ersten Wahlgangs insbesondere auch in den Medien. Die SVP Spitze wollte keine Gespräche mit der FDP-Spitze führen, obwohl das offiziell angeregt und Hand geboten wurde.