Von dem Duell reden seit der Auslosung vor gut zwei Wochen alle. Dass es Tatsache wird, ist dennoch ein wenig überraschend. Während Novak Djokovic der neue Rasenkönig ist, der in Wimbledon seit sechs Jahren ungeschlagen seine Kreise zieht, bestreitet der 20-jährige Carlos Alcaraz gerade mal das vierte Rasenturnier seiner noch jungen Karriere.
Doch Alcaraz, der sich die Spitze der Weltrangliste mit dem Sieg beim traditionsreichen Rasen-Vorbereitungsturnier im Londoner Queen's Club zurückgeholt hatte, steigerte sich von Spiel zu Spiel und liess im Halbfinal dem Weltranglisten-Dritten Daniil Medwedew mit 6:3, 6:3, 6:3 keine Chance. Einzig mit einer 3:1-Führung im dritten Satz im Rücken zeigte der Spanier noch etwas Nerven und verlor aus heiterem Himmel zwei Aufschlagspiele.
Ein Traum für Alcaraz
«Das war wirklich schwierig», gab Alcaraz zu. Es sei schon ein Traum gewesen, hier den Halbfinal zu spielen. Er hatte sich vorgenommen, aggressiv zu spielen und setzte dies perfekt um. Das wegen Dauerregens geschlossene Dach kam ihm dabei entgegen, die Bedingungen sagten ihm eher zu als dem Russen, der seine Stärken eher in der Defensive hat.
Der ultimative Test steht Alcaraz, der seinen ersten Grand-Slam-Final im letzten September am US Open siegreich gestaltet hatte, aber noch bevor. Er heisst - natürlich - Novak Djokovic. Der 16 Jahre ältere Serbe hatte diesmal mit dem als Nummer 8 gesetzten Italiener Jannik Sinner keine Probleme und setzte sich 6:3, 6:4, 7:6 (7:4) durch. Im letzten Jahr hatte er im Viertelfinal gegen den jungen Südtiroler noch einen 0:2-Satzrückstand aufholen müssen. Er liess sich auch von einem kurzen Disput mit dem Schiedsrichter und ein paar Fans wegen zu lautem Stöhnen und Zeitüberschreitung nicht aus dem Konzept bringen.
Ein Rekord für Djokovic?
Djokovic ist damit auf Rasen mittlerweile so dominant wie Roger Federer in seinen besten Jahren. Mit dem Schweizer könnte er am Sonntag gleich doppelt gleichziehen. Es wäre im neunten Final der achte Titel des Serben im Mekka des Tennis, gleich viele hat der (noch alleinige) Rekordsieger Federer. Und Djokovic könnte als dritter Spieler in der Profiära nach Björn Borg (1976 bis 1980) und Federer (2003 bis 2007) das Turnier fünfmal in Folge gewinnen. Im Südwesten Londons ist er seit sechs Jahren ungeschlagen, 2020 fiel das Turnier wegen Corona aus.