Jan Henric Bogen, am 22. Oktober eröffnen Sie mit Lili Elbe das renovierte Theater St.Gallen. Was überwiegt: Freude auf die neue Umgebung oder Nervosität, ob alles klappt?
Ganz klar die Freude. Auf die Eröffnung arbeiten wir seit Jahren hin, sodass wir es kaum erwarten können, bis wir das Haus für das Publikum öffnen können. Aber es wäre nicht das Theater, wenn es gar keine Nervosität gäbe. Theater ist live, da kann immer mal etwas schiefgehen.
Was ändert sich für Sie als Direktor mit der Renovation?
Wir weihen ein saniertes und erweitertes Theatergebäude festlich ein. Darauf freue ich mich allein schon deshalb, weil das in einer Karriere nur äusserst selten vorkommt. Wichtiger aber ist, dass sich die Arbeitsbedingungen für viele unserer Mitarbeitenden durch den Umbau deutlich verbessern. Das wird Auswirkungen auf unsere Produktionen haben. Mit der Renovation werden wir unseren Ruf regional, national und international weiter ausbauen können.
Und für die Schauspieler, Musiker und Menschen hinter den Kulissen?
Viele bauliche Massnahmen bleiben den meisten Gästen auf den ersten Blick verborgen, weil sie zum Ziel hatten, unsere Arbeitsbedingungen an heutige Gegebenheiten anzupassen. Die Liste der Verbesserungen ist lang, z.B. stehen unserer Requisiten- und Beleuchtungswerkstatt endlich Arbeitsräume mit Tageslicht zur Verfügung. Ausserdem wurde mehr Platz für Maske, Kostümabteilungen und Künstlergarderoben geschaffen. Den Darstellenden stehen zeitgemässe Umkleideräume mit Duschen zu Verfügung, der Chor erhielt einen akustisch an seine Bedürfnisse angepassten Probesaal, während sich auch der Einspielbereich des Orchesters verbessert hat. Und: Die Decke im Ballettsaal wurde angehoben, wodurch nun endlich auf der ganzen Fläche das Training von Sprüngen und Hebefiguren möglich ist. Was allen – Mitarbeitenden und Publikum – zugutekommt, sind die akustischen Verbesserungen im Saal.
Sie haben sicher auch eine künstlerische Vision für das Theater St.Gallen.
Natürlich. Konzerte und Theatervorstellungen finden niemals im luftleeren Raum statt; sie sind mit der Gegenwart ihrer Aufführung verknüpft. Theater muss für mich daher ein Spiegel der Zeit und Ort der gesellschaftlichen Auseinandersetzung sein. Mir ist wichtig, dass Konzert und Theater St.Gallen diese Funktion in den Produktionen verdeutlicht, d.h. wir wollen relevante Debatten anstossen. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns von einem liebgewordenen Kanon verabschieden, denn auch Klassiker sind in der Lage, unsere Gegenwart kritisch zu befragen.