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Rapperswil-Jona
08.03.2024
09.03.2024 08:31 Uhr

Markus Jäger: «Die Landung dürfte holpriger werden als erwartet.»

Markus Jäger, Vorsitzender der Bankleitung, Raiffeisenbank Rapperswil-Jona
Markus Jäger, Vorsitzender der Bankleitung, Raiffeisenbank Rapperswil-Jona Bild: zVfg
Wie geht es unserer Wirtschaft? Markus Jäger, Vorsitzender der Bankleitung der Raiffeisenbank Rapperswil-Jona, spricht von einer stabilen Entwicklung, erwartet aber härtere Zeiten.

Dieser Artikel ist auch im Linth24 Magazin publiziert, welches in Rapperswil-Jona in alle Haushalte verteilt wurde.

Herr Jäger, die Raiffeisenbanken sind erfolgreich. Aber um gute Geschäfte zu machen, braucht eine Bank eine florierende Wirtschaft. Wie geht es dieser im Raum Obersee?

Trotz internationaler Turbulenzen ist die regionale Wirtschaftsentwicklung sehr stabil. Sie ist massgeblich durch die robuste Leistung kleiner und mittelständischer Unternehmen sowie deren Flexibilität geprägt. Die Fähigkeit der KMU, sich an neue Marktbedingungen anzupassen, trägt entscheidend zu diesem Erfolg bei. Auch wir als Raiff­eisenbank Rapperswil-Jona mit 45 Mitarbeitenden sitzen als KMU im selben Boot und wissen deshalb gut, wie es unserer Wirtschaft geht.

Es ziehen jedoch Wolken auf. Krieg in der Ukraine, im Nahen Osten und Lieferengpässe. Und der europäische Wirtschaftsriese Deutschland rutscht in eine Rezession. Wie stark beeinflusst dies die Schweizer Wirtschaft?

Die Schweiz ist keine Insel, solches trifft auch uns. Die Nationalbanken streben mit ihrer Zinspolitik zwar ein «Soft Landing» an. Damit gemeint ist eine Bekämpfung der Inflation, ohne dass die Wirtschaften in eine Rezession kippen. Ich bin allerdings skeptisch, ob dieses Manöver überall gelingen wird: «Die Landung dürfte holpriger werden als vom Markt erwartet.»

«Der Flächenbrand ist zum Glück nicht eingetroffen.»
Markus Jäger

Wie stark drücken Kriege auf unsere Wirtschaft?

Mit dem Ausbruch des Kriegs im Nahen Osten haben die geopolitischen Unsicherheiten erneut zugenommen. Die Ängste vor einem regionalen Flächenbrand haben sich zum Glück nicht bewahrheitet. Trotzdem sollte man das Thema gut im Auge behalten. Denn die Tendenz zur Deglobalisierung sowie ein weltweites Aufrüsten können die Inflation befeuern und zu Marktschwankungen führen.

Wie sieht es am Arbeitsmarkt aus?

Da zeigen sich erste Anzeichen einer Abkühlung. Bei vielen Industrieunternehmen gehen die Bestellungseingänge deutlich zurück. Es fehlen neue Aufträge. Dies wird sich auf die Umsätze auswirken. Bei den Jahresabschlüssen und im ersten Quartal 2024 dürfte es folglich die eine oder andere Enttäuschung geben.

Machen wir uns noch etwas ans Kaffeesatzlesen. Mit guter Wahrscheinlichkeit könnte der nächste amerikanische Präsident Donald Trump heissen. Wäre er gut oder schlecht für die Weltwirtschaft?

Die Beurteilung von Donald Trump als Präsident im Hinblick auf die Weltwirtschaft ist subjektiv und hängt von verschiedenen Perspektiven ab. Befürworter argumentieren, dass Trumps Deregulierung und Steuerreformen das Wirtschaftswachstum in den USA stimuliert haben. Auf der anderen Seite wurde Trump auch für protektionistische Handelspolitiken kritisiert, insbesondere durch den Handelskonflikt mit China. Die Einführung von Zöllen und Handelsbeschränkungen führte zu Unsicherheiten auf den internationalen Märkten.

Und Ihre Sicht?

Für mich persönlich ist eine klare Regelsetzung in der Politik entscheidend für eine stabile Wirtschaftsentwicklung. Ich empfand Donald Trumps politische Entscheidungen und Handlungen unvorhersehbar. Seine Nutzung von sozialen Medien trug dazu bei, schnelle und manchmal überraschende Ankündigungen zu verbreiten, was nicht immer gut war. 

«Es gibt weiterhin viele, die mit einem Sparbüechli sparen.»
Markus Jäger

Machen wir etwas weiter mit «Glaskugelschauen». In den letzten Monaten wurde erwartet, dass die Hypothekarzinsen sinken. Was sagen die Ökonomen der Raiffeisenbank dazu?

Wir sind der Meinung, dass die Leitzinsen zwar ihren Höchststand erreicht haben, der Optimismus der Märkte aber zu gross ist. Einen ersten, moderaten Zinsschritt nach unten erwarten wir erst im Sommer. Bis Ende 2024 dürften die Europäische Zentralbank und die US-Notenbank Fed je drei Senkungen vornehmen, die Schweizerische Nationalbank eine. Die Leitzinsen werden voraussichtlich noch eine Weile auf dem aktuellen Niveau verharren.

Jährlich wächst die Schweiz um eine Stadt wie St. Gallen. Aber die bebaubare Boden­fläche wächst nicht. Das führt zu steigenden Preisen beim Wohneigentum. Kann sich eine junge Familie noch Wohn-eigentum leisten?

Die hohe Nachfrage nach Wohnraum, gepaart mit begrenztem Angebot, treibt die Preise in die Höhe und erschwert den Zugang zu bezahlbarem Wohnen. Wir sahen auch in der jüngsten Zeit keine Trendumkehr bei der Preisentwicklung in unserer Region. 

Kann eine Bank Hilfe leisten?

Das Beratungsgespräch mit der Bank spielt eine entscheidende Rolle für Familien, die den Kauf von Wohneigentum anstreben. Darin werden die individuellen Möglichkeiten analysiert und verschiedene Finanzierungs-Optionen vorgestellt. Der Kauf von Wohneigentum ist eine langfristige Entscheidung. Deshalb ist eine sorgfältige Planung unerlässlich. Klar ist: Für viele junge Familien ist es eine Realität, dass sie Unterstützung aus dem Familienkreis benötigen, um den Kauf eines Eigenheims stemmen zu können.

Sparer erhalten auf ihren Sparkonti Zinsen von 0,5 bis 1,5 Prozent, und das bei einer ähnlich hohen Inflation. Wird bei dieser Faktenlage überhaupt noch gespart, oder fliesst alles Geld in den Konsum? 

Wenn die Zinssätze niedrig sind und die Inflation höher ist, verliert das Sparen an Attraktivität und das Geld auf dem Sparkonto an realem Wert. Dennoch gibt es weiterhin viele Personen, die auf Sparkonten sparen, sei es für kurzfristige Bedürfnisse, Notfälle oder als Teil ihrer Anlagestrategie.

«Der Gewinn bleibt als Reserve in unserer Bank. »
Markus Jäger

Gibt es für Sparer Alternativen zum Sparbüechli?

Auf jeden Fall. Unsere Raiffeisenbanken bieten zum Beispiel einen Fonds-Sparplan, mit dem Schritt für Schritt Vermögen aufgebaut werden kann. Sparer können bereits ab 100 Franken pro Monat von den Chancen der Finanzmärkte profitieren. Der Unterschied zum Sparkonto macht sich bereits nach wenigen Jahren bemerkbar.

Im Bankwesen geht es auf
und ab, gerade hatten wir die Krise der Creditsuisse. Da stellt sich die Frage: Wie geht es den Raiffeisen­banken?

Die Vorteile einer Genossenschaftsbank, wie die Vorzugsverzinsung und die gebührenfreien Konten, sind attraktiv und ziehen neue Kundinnen und Kunden an. Zudem engagieren sich die Raiffeisenbanken für eine starke lokale  Wirtschaft. Die persönliche Nähe und die regionale Verankerung stehen für uns im Zentrum. Zudem ist man als Raiffeisenmitglied Miteigentümerin oder Miteigentümer unserer Bank. Ausserdem verbleibt unser Gewinn als Reserve in der Bank, was uns zu einer der sichersten und kapitalstärksten Banken macht. Somit darf ich sagen, es geht uns gut, aber wir arbeiten auch hart dafür.

Markus Arnitz, Bruno Hug