Der Dow Jones fiel in drei Wochen über 30 %, der Dax 38% und der SMI notierte 27% tiefer seit dem Allzeithoch. Herr Chandiramani, Hand-aufs-Herz, haben Sie da Panik gekriegt?
Kursverluste von dreissig Prozent oder mehr innert kurzer Zeit tun schon weh. Aber nach fast vierzig Jahren Bankerfahrung mit mehreren Crashs in den Jahren 1987, 1989, dem Kuwait-Krieg, der US-Finanz- und anschliessenden Griechenlandkrise usw. wird man „abgehärtet“. Jedes Mal haben sich die Aktienbörsen langsam wieder erholt und neue Höchstkurse erreicht. Langfristig bleiben Aktien (mit Vorbehalten) immer noch eine gute Anlage.
Antizipieren diese Rückschläge aber auch das, was in der nächsten Zeit auf uns zukommt: nämlich Rezession, Konkurswellen, Nothilfe an KMUs etc.?
Wir sind in einer frühen Phase eines Abschwungs. Der ganze Schaden ist noch nicht absehbar. Früher begannen die Probleme zumeist im Finanzwesen und übertrugen sich auf die reale Wirtschaft. Diesmal ist es umgekehrt, so etwas wie heute hatten wir noch nie. Anders gesagt, die Leute dürfen in einigen Bereichen nicht mehr arbeiten, Konsumverbot - Befehl der Regierung. Die Dauer ist noch unbekannt, mindestens bis Ende April. Aufgrund des Versammlungsverbots sind die Parlamente ausgeschaltet. Die Regierungen machen zurzeit Vorschriften ohne demokratische Kontrollen.
Autokonzerne stellen die Produktion ein, hierzulande hat zum Beispiel Rolex dies ebenfalls kundgetan. Da hängen ja ganz viele Zulieferanten, also Schweizer KMUs an der Lieferketten. Wie sieht Ihre Einschätzung zur Schweizer Wirtschaftslage aus? Schlittern wir in eine Rezession?
In der Vorphase dieser Corona-Krise, im Januar und Februar, gab es bereits Lieferengpässe bei Produkten und Halbfabrikaten aus Asien, insbesondere für den Bereich Elektronik. Die Situation dürfte sich erst wieder verbessern, wenn sich die Situation in China entschärft. Problem sind momentan Kurzarbeit und Zwangsferien, später Zahlungsunfähigkeiten. Das sind die Folgen, bzw. Schattenseiten der Globalisierung und des Produktionstourismus. Ich hoffe, dass die Industrie daraus gelernt hat und wieder vermehrt lokal produziert.
Die Notenbanken waren in der Vergangenheit da, um mit Sofortmassnahmen eine Beruhigung des Systems herbeizuführen. Was für Möglichkeiten haben die Notenbanken überhaupt noch?
Die Nationalbank (SNB), EZB und US-FED betreiben bereits seit der Finanzkrise 2008 eine Tiefzinspolitik. Diese Zinswaffe wird allmählich stumpf, d.h. dieses Pulver ist allmählich verschossen, sogar für die USA. Es wäre noch möglich, die Devisenkurse zu beeinflussen, insbesondere Dollar und Euro zu stärken. Durch Zufuhr von Liquidität müssen schwache, aber systemrelevante Banken am Leben erhalten werden (z.B. Italien). Im Übrigen gibt es nur noch die Lösung einer Staatshilfe an betroffene KMU, eine Verlängerung bei der Auszahlung von Arbeitslosengeld usw.