Home Region Sport Schweiz/Ausland Rubriken Agenda
Kanton
18.02.2023

Februarsession aus Fraktionssicht

Impression aus dem Ratsbetrieb während einer Session. (Archivbild)
Impression aus dem Ratsbetrieb während einer Session. (Archivbild) Bild: Christopher Chandiramani, Linth24
Die Fraktionen von Mitte-EVP, SP und SVP blicken auf die Februarsession 2023 des St.Galler Kantonsrats zurück, die vom 13. bis zum 15. Februar stattgefunden hat, und ziehen Bilanz.

Die Mitte-EVP-Fraktion spricht von einer erfolgreichen Session mit einer historischen Wahl und zwei verbuchten politischen Erfolgen, äussert zugleich aber auch ihre Unzufriedenheit mit einer Regierungsantwort:

Miriam Lendfers zur ersten Gerichtspräsidentin gewählt

«Am ersten Sessionstag wählte der Kantonsrat Miriam Lendfers glanzvoll zur neuen Präsidentin des Verwaltungsgerichts des Kantons St.Gallen. Damit schreibt Die Mitte Geschichte: Mit der Bazenheider Juristin Miriam Lendfers, die ihr Amt am 1. Juli 2023 antritt, präsidiert zum ersten Mal in der Geschichte eine Frau das Verwaltungsgericht.

Eigentümerstrategie bei Olma erarbeiten

Der Kantonsrat folgte einem Antrag der Mitte-EVP-Fraktion, der die Regierung beauftragt, eine Eigentümerstrategie zu erarbeiten und dem Kantonsrat Massnahmen vorzulegen, um weitere finanzielle Unterstützungsmassnahmen zu verhindern.

In diesem Rahmen ist auch darzulegen, ob die Aktien mittelfristig abzustossen seien.

Prüfungsfrei an die Pädagogische Hochschule

Der Kantonsrat heisst ein Standesbegehren der Mitte-EVP-Fraktion gut, der mit dem Abschluss der Berufsmatura einen prüfungsfreien Zugang an die Pädagogische Hochschule verlangt. «Mit dieser Massnahme soll eine zusätzliche Hürde mindestens für die Ausbildung von Kindergarten- oder Primarlehrpersonen abgeschafft und dem Mangel an Lehrpersonen aktiv entgegengewirkt werden», hält Fraktionssprecher Sandro Hess fest.

Kein Tempo 30 auf Hauptverkehrsachsen

Die Mitte-EVP-Fraktion reichte zusammen mit den anderen bürgerlichen Parteien FDP und SVP einen Vorstoss ein, der fordert, dass auf eine flächendeckende Einführung von Tempo 30 auf verkehrsorientierten Strassen verzichtet wird. Es sollen grundsätzlich die bundesrechtlich vorgesehenen Höchstgeschwindigkeiten gelten.

Die Mitte-EVP-Fraktion ist überzeugt, dass ein Tempo-30-Regime auf Hauptverkehrsachsen nicht nur zu einer Verringerung der Verkehrsleistung, sondern unweigerlich auch zu Schleich- und Ausweichverkehr in den Quartieren, zu einer Einschränkung des öffentlichen Verkehrs und der Rettungsdienste sowie zu einer unerwünschten Beeinträchtigung des Individualverkehrs führt.

Sportvision Ost überzeugt nicht

Die Mitte-EVP-Fraktion hatte sehr viele Fragezeichen rund um das von der Regierung lancierte Projekt «Sportvision Ost», dessen Netzwerk Bildung, Sport und Forschung vereinen und die Basis für einen regionalen Swiss Olympic Cluster als Teil des Projekts Schweizer Olympiapark legen soll. Die Mitte-EVP-Fraktion wollte Klarheit und nähere Auskünfte bezüglich Machbarkeitsstudie, aktuellem Stand, Finanzierung, Gesamtkosten des Projekts im Sarganserland sowie der gesamten Projektorganisation. Die Antwort schafft keine Klarheit zum ganzen Projekt.

«Aus Kreisen betroffener Organisationen, Regionen und Gemeinden sind kritische Stimmen nicht zu überhören. Die Mitte-EVP-Fraktion erwartet, dass jetzt endlich Transparenz bezüglich unserer Fragen geschaffen wird und ein breites Vernehmlassungsverfahren – hier vor allem auch mit allen betroffenen Sportverbänden und nicht lediglich der Interessensgemeinschaft – gestartet wird. Das ist üblich für ein Projekt in dieser Grössenordnung», stellt Fraktionssprecher Andreas Broger klar.

Martina Bossart nominiert

Die Mitte-EVP-Fraktion nominierte an ihrer Sitzung vom Sessionsmorgen einstimmig die Stadt-St.Gallerin Martina Bossart für den Hochschulrat der Pädagogischen Hochschule St.Gallen – und zwar als Nachfolgerin von Maria Gloor-Zigerlig, die Ende Juni zurücktritt. Die Primarlehrerin bringt einen hervorragenden Rucksack mit für diese Aufgabe.

Die Wahl findet in der Sommersession statt.

Personelle Veränderungen

Der Kantonsrat wählte die auf diese Session hin nachgerückte Kantonsrätin Helen Alder Frey aus Gossau neu in die Rechtspflegekommission.

Zudem nimmt der Müselbacher Landwirt Hansruedi Thoma ab dieser Session als neues Kantonsratsmitglied Einsitz in der Fraktion.»

Die Mitte-EVP-Fraktion Kantonsrat St.Gallen

Die SP-Fraktion beklagte am zweiten Sessionstag einen «unsolidarischen Angriff auf die Zentren in diesem Kanton» durch die rechte Ratsmehrheit:

SP für gerechte Lastenverteilung zwischen Zentren und Gemeinden

«Wer nicht in der Lage ist, AHV- und IV-Beiträge selber zu zahlen, wurde bis anhin vom Kanton unterstützt. Das trifft auf bis zu 4'000 arbeitslose, armutsbetroffene Menschen in diesem Kanton zu; die Zahlungen der öffentlichen Hand an AHV/IV betragen total 1,7 Mio. Franken. Die rechtsbürgerliche Kantonsratsmehrheit beschloss nun, diese Kosten im Rahmen des in der Februarsession behandelten, so genannten ‹Haushaltsgleichgewicht 2022plus› auf die Gemeinden zu überwälzen.

Mit der Revision des II. Nachtrags zum Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (22.22.17) sollen die Kosten für die erlassenen Beträgen gemäss der Sozialhilfequote in den einzelnen Gemeinden auf diese verteilt werden. Mit diesem Verteilschlüssel nach der Sozialhilfequote werden die Zentren überproportional belastet.

Maria Pappa, Stadtpräsidentin der Kantonshauptstadt, wehrte sich vehement. ‹So eine Verteilung der Kosten ist komplett unfair und verstärkt nur die Anreize, SozialhilfempfängerInnen in die Städte abzuschieben. Dabei wären die Mehrkosten, wenn diese anteilmässig nach Einwohnerzahlen verteilt würden, für alle Gemeinden kaum spürbar.›

Im Vorfeld der Kantonsratsdebatte wurde vermittelt, es liege dem von der Regierung festgelegten Verteilschlüssel ein Entscheid der Vereinigung der St.Galler GemeindepräsidentInnen (VSGP) zugrunde. Effektiv hat es aber keinen solchen Entscheid der VSGP gegeben. Die SP versuchte daher in der Ratsdebatte zu erwirken, dass eine Befragung der Gemeinden nachgeholt wird – und dass die Regierung den Verteilschlüssel nach dieser Anhörung in einer Verordnung regelt.

Der Antrag hatte keine Chance. Im Rahmen der Debatte führte der Präsident der VSGP aus, dass man sich von einer Befragung der Gemeinden nicht viel erwarten dürfe – schliesslich betreffe die höhere Belastung mit dem Schlüssel gemäss Sozialhilfequote lediglich ⅕ der Gemeinden – ⅘ der Gemeinden seien nicht betroffen. Maria Pappa: ‹War zuvor die Last dieser Kosten auf dreihundertachttausend Steuerpflichtigen des ganzen Kantons verteilt, müssen neu wenige Steuerpflichtige einen hohen Anteil der Kosten übernehmen. Wir vermissen die Solidarität unter den Gemeinden›.»

SP-Fraktion Kantonsrat St.Gallen

Trotz zweier erfolgreicher Wahlen fällt die Bilanz für die SVP-Fraktion gemischt aus:

Februarsession 2023

Stefan Kölliker zum Regierungspräsidenten gewählt

«Zu Beginn der Session fanden mehrere Wahlgeschäfte statt. Dabei wurde der SVP-Regierungsrat Stefan Kölliker zum Regierungspräsidenten der Amtsdauer 2023/2024 gewählt. Weiter wird Patrick Guidon, Kantonsrichter der SVP, in der Amtsdauer 2023-2025 das Kantonsgericht präsidieren.

Die SVP-Fraktion gratuliert Regierungsrat Stefan Kölliker und Kantonsrichter Patrick Guidon herzlich zur Wahl!

Wichtiger Schritt zur Bekämpfung der kalten Progression

Im Rahmen des 19. Nachtrags zum Steuergesetz wurde eine automatische Anpassung der Steuertarife an die Teuerung gutgeheissen. Damit kann vermieden werden, dass insbesondere die tiefen und mittleren Einkommen mehr Steuern bezahlen müssen, da sie durch die Teuerung in eine höhere Progressionsstufe fallen und somit eine Steuererhöhung in Kauf nehmen müssen, obwohl der reale Lohn nicht angestiegen ist.

Dabei war es den bürgerlichen Fraktionen ein wichtiges Anliegen, dass dieses Problem nicht einmalig korrigiert wird, sondern ein Automatismus zur nachhaltigen Vermeidung dieser ungerechten Zusatzbesteuerung eingeführt wird. Die links-grünen Fraktionen wehrten sich hingegen weiterhin gegen eine steuerliche Entlastung unseres Mittelstandes, also der tiefen und mittleren Einkommen.

Steuerliche Entlastung der Landbevölkerung durch die Erhöhung des Pendlerabzugs

Ein hoher Kostenpunkt der Landbevölkerung stellen die Mobilitätskosten dar. Gerade in ländlichen Regionen sind immer noch viele Arbeitstätige auf ein Auto angewiesen, da der Anschluss des öffentlichen Verkehrs nicht ausreichend gewährleistet ist. Diese Kosten zugunsten der Erwerbstätigkeit sollen auch steuerlich ansprechend berücksichtigt beziehungsweise zum Abzug gebracht werden, da sie das Haushaltseinkommen schmälern.

Der Kantonsrat hiess eine entsprechende Motion gut, welche den Maximalbetrag des Pendlerabzugs erhöhen möchte.

Keine Schulabsenzen für Klimaaktivisten – politisches Engagement sollte in der Freizeit geschehen!

Ein politisches Engagement von Jugendlichen ist zweifelsfrei begrüssenswert und es ist wichtig, dass sich Jugendliche für die Politik interessieren. Jedoch erachtet es die SVP-Fraktion als äusserst störend, dass insbesondere die ‹Klimastreiks› in den letzten Jahren vermehrt während der Schulzeit stattgefunden haben, wodurch Jugendliche der Schule ferngeblieben sind.

Im 14. Nachtrag zum Mittelschulgesetz hätten solche politischen Demonstrationen deshalb als zulässige Absenzgründe ausgeschlossen werden sollen. Damit wäre auch eine Ungleichbehandlung zu Jugendlichen in einer Berufslehre behoben worden, welche dem politischen Engagement ebenfalls in der Freizeit nachgehen müssen.

Leider stand die SVP-Fraktion mit diesem Anliegen allein da. Somit toleriert der St.Galler Kantonsrat auch weiterhin, dass Jugendliche für ideologische Anliegen die Schule schwänzen!

Olma: Exit-Strategie soll zumindest geprüft werden

Wie schon bei der ersten Lesung in der Novembersession 2022 stimmte die SVP-Fraktion auch in der zweiten Lesung der Umwandlung der Darlehen in Aktienkapital zähneknirschend zu. Jedoch wollte die SVP-Fraktion einen Auftrag an die Regierung erteilten, eine Ausstiegsstrategie aus diesen Olma-Beteilungen zu erarbeiten. Dabei ist die SVP klar der Meinung, dass der Betrieb eines gewinnorientierten Veranstalters von Anlässen keine Staatsaufgabe darstellt!

Leider lehnte eine Mehrheit des Kantonsrates diesen Auftrag ab, hiess jedoch zumindest einen ähnlichen Auftrag gut, der zumindest die Prüfung einer solchen Ausstiegsstrategie forderte.

Motion gegen Tempo 30 auf verkehrsorientierten Strassen eingereicht

Während die Stadt St.Gallen bereits seit dem Herbst flächendeckend Tempo 30 einführen möchte, kann davon ausgegangen werden, dass auch andere Gemeinden ähnliche Bestrebungen verfolgen werden. Die drei bürgerlichen Fraktionen sind klar der Meinung, dass Tempo 30 auf verkehrsorientierten Strassen nur in Ausnahmefällen signalisiert werden soll. Dabei verlangsamt Tempo 30 nicht nur den Individualverkehr, sondern auch den strassengebundenen öffentlichen Verkehr sowie den für die Wirtschaft zentralen Güterverkehr.

Deshalb reichte die SVP zusammen mit der FDP- und der Mitte-Fraktion eine Motion ein, welche die grundsätzliche Signalisation der Höchstgeschwindigkeit verlangt und Tempo 30 somit nur in Ausnahmefällen zulassen möchte.»

SVP-Fraktion Kantonsrat St.Gallen

Linth24