Für Shannon Zwicker ist die Malerei ein lustvoller Raum. Sie betritt diesen direkt über die Leinwand ohne vorausgehende Skizzen. Mit Öl, Acryl oder Tusche taucht sie in die Farbe ein, lässt Formen fliessend entstehen, tastet sich über Kompositionen und Schichtungen tiefer in den Bildraum vor. Ihr Thema – der Körper – deutet sich an, ohne sich auf ein Motiv festlegen zu lassen; die Formen folgen der Dynamik der Malerei, die laufend neue Möglichkeiten offenbart.
Neben den fliessenden Farben arbeitet Shannon Zwicker auch mit Ölkreide, greift zeichnerisch in die Flächen ein und integriert somit verschiedene Strukturen und Farbqualitäten. Grosse Formate kontrastieren mit deutlich kleineren, beide werden auf spielerische Art und gleichwertig nebeneinander präsentiert.
Eigene Wahrnehmung als Ausgangspunkt
Ausgangspunkt ihrer Bildwelten ist ihre eigene Wahrnehmung, etwa über Berührung. Diese Empfindungen übertragen sich ins Bild, aber auch Emotionen wie Sehnsucht und Begehren. Lasierende Farbschleier lassen unter die Oberfläche blicken, Formen werden übermalt, verschwinden in der Tiefe und werden stellenweise wieder sichtbar. Die Malfläche selbst wird zur Haut, die verbirgt oder freilegt – Sinnlichkeit ereignet sich unmittelbar, im künstlerischen Prozess. Es ist diese unmittelbare Körperlichkeit, die berührt und Betrachtende möglicherweise mit ihrem eigenen Körper verbindet. Durch ihre Malerei vermittelt Shannon Zwicker die Lust an leuchtenden Farben, an stark kontrastierenden Tönen, die ein Spiel von Anziehung und Abstossung erzeugen.
Die Reflexion, ein wichtiger Aspekt ihrer Arbeit, umfasst aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen, aber auch die Kunstgeschichte, die einen männlichen Blick auf die Welt und auf den Körper mitbringt. Shannon Zwicker sieht sich selbst in einer bereits längeren Reihe von Kunstschaffenden, die dazu beitragen, eine andere Perspektive, auch auf den weiblichen Körper, zu begründen. Diesen Prozess sieht sie bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Ihr Beitrag zum Diskurs findet im Austausch mit Künstlerkolleg*innen, aber vor allem in der Kunst selbst statt. Indem sie eine halbabstrakte, poetische Bildsprache wählt, zeigt sie Körperrealitäten nicht explizit, sondern thematisiert intime und persönliche Erfahrungen, ohne diese blosszustellen.