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Weesen
09.02.2022

Weesener Meisterkoch sagt Adieu

Dieter Frese übergibt seine Fischerstube anfangs März –am 25. Februar wirtet er dort zum letzten Mal.
Dieter Frese übergibt seine Fischerstube anfangs März –am 25. Februar wirtet er dort zum letzten Mal. Bild: Jérôme Stern/Linth24
51 Jahre kochte Dieter Frese in der Fischerstube Weesen seine Fischspezialitäten auf höchsten Niveau. Nun hört er altershalber auf.

Restaurant «Fischerstube», Weesen. Dieter Frese steht in der Küche und hantiert voller Konzentration mit Töpfen und Tellern. Es ist ein Wochentag um 13.30 Uhr: Normalerweise wäre der Mittagsrummel um diese Zeit vorbei. Doch seitdem es sich herumgesprochen hat, dass der mit 14 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnete Wirt auf Ende Februar aufhören wird, läuft noch mehr als sonst. 

Ein halbe Stunde später sind alle Gäste versorgt – und Frese setzt sich mit einem Bier zum Interview.  «Bei uns isst ein Gast halt meistens nicht nur einen Gang, ein Menu besteht bei uns aus drei oder vier Gängen.

Die Bouillabaisse, die er uns zum Verkosten gekocht hat, schmeckt köstlich. «I do it my Way», sagt er schmunzelnd. «Zum Beispiel nehme ich nicht ganze Fische wie in Frankreich, das haben meine Gäste nicht gerne.» Den ersten Gang serviere er mit Scampi, Crevetten und Muscheln, den zweiten mit Kabeljau, Loup und Zander. «Und zum dritten Gang gibt es Hummer.»

Die Fischerstube in Weesen steht bei Feinschmeckern in der Region hoch im Kurs. Bild: Jérôme Stern/Linth24

Wohlverdienter Ruhestand

77 Jahre ist Dieter Frese jetzt – und seit 51 Jahren wirtet er in der Fischerstube. Die Frage, weshalb er jetzt aufhört, beantwortet er klipp und klar: «In meinem Alter wird es Zeit kürzer zu treten.» Der Kochberuf erfordere viel. «Und egal ob es bei der Arbeit oder beim Sport war, ich habe immer 100 Prozent gegeben. Bei allem!» 

Ein weiterer Grund, den Dieter Frese schliesslich hinzufügt, betrifft seine Frau. Sie habe Rückenprobleme und trage immer schwerer an der täglichen Präsenz. «Wir haben miteinander angefangen und ich habe das Gefühl, wir sollten auch miteinander aufhören.» Wobei er einräumt, dass ihm der Abschied von der Fischerstube schon ein bisschen weh tue. 

Im Gespräch wirkt der Meisterkoch jünger als als mancher 60-Jähriger. Zu verdanken hat er dies möglicherweise seiner zweiten Leidenschaft, dem Sport. Früher spielte neben der Arbeit Fussball in der zweiten Liga. Beim Tennis schaffte er es in die Nationalliga A und Golf spielt er seit nunmehr 30 Jahren. «Dort habe ich es auf Handicap neun gebracht. Das muss man zuerst erreichen», sagt er mit Genugtuung. 

Gut gelaunt trotz trotz allem: Dieter Frese fällt der der Abschied nicht ganz einfach. Bild: Jérôme Stern/Linth24

Das Geheimnis der guten Fischküche

Während seiner gesamten Kochlaufbahn konzentrierte sich Dieter Frese auf die Fischküche. Was ist für ihn die grösste Herausforderung? «Als erstes braucht es ein gutes Produkt und Erfahrung», antwortet er ohne Zögern. Er habe viele Köche kennengelernt, denen die Erfahrung gefehlt habe. «Wenn ich ihnen gesagt habe, der Fisch sei nicht frisch, entgegneten sie, der sei doch am selben Tag angeliefert worden.» Man müsse erkennen, ob ein Fisch fangfrisch sei, auch wenn er nicht als Ganzes angeliefert worden sei. Und wie erkennt man dies? «Wenn die Augen und die Schuppen matt sind, ist er nicht mehr frisch», antwortet Dieter Frese bestimmt.

Eine weitere Herausforderung sei die Lagerung, sagt er, und lässt auch an diesem Punkt keinen Zweifel aufkommen. «Wenn morgens die Fischlieferung kommt, hat sie Priorität: Man muss den Fisch sofort anschauen und waschen.»

Bald unter neuer Regie: Der Nachfolger in der Fischerstube steht schon in den Startlöchern. Bild: Jérôme Stern/Linth24

Der Bach kommt

Wer mit Dieter Frese über seine Zeit in der Fischerstube spricht hat keinen Zweifel, dass sich hier der Traum von ihm und seiner Frau erfüllte. Gleichwohl gab es während diesen Jahren Augenblicke, als er nahe am Verzweifeln war. Und zwar war dies nach einem Unwetter: Im August 2005 regnete so stark, dass die Bäche über die Ufer traten. Dabei überschwemmten die Wasser des nahen Lauibachs unter anderem auch die Fischerstube. 

«Es war an einem Montag», erinnert sich Frese. «Unter dem Haus, wo der Bach durchfliesst, hat es gerumpelt.» Zuerst nahm er die Sache nicht allzu ernst. Als das Wasser in seinen Keller hinein floss, warnte ihn die Feuerwehr vor einer Schlammlawine. Behelfsmässig versuchten er und seine Frau die Räume des Restaurants zu schützen. Plötzlich sei das Wasser aber derart angeschwollen, dass sie sich in den oberen Stock und danach ausser Haus hätten retten müssen. Tags darauf wurde klar: Der Keller war bis zur Decke mit betonhartem Schutt gefüllt. Alles war verloren, selbst seine Weinsammlung. Die Renovierungsarbeiten danach dauerten zweieinhalb Jahre, bis das Restaurant wieder eröffnet werden konnte. 

Alain König als Nachfolger

Nun ziehen sich Dieter Frese und seine Frau ins Privatleben zurück. Am Freitag dem 25. Februar wirten die beiden zum letzten Mal in der Fischerstube. Der Nachfolger wird Alain König, langjähriger Küchenchef des Zürcher «Zunfthaus zur Waag». Er werde eine ähnliche Küche wie bis anhin anbieten, sagt Dieter Frese. «Wir haben lange miteinander gesprochen. Ich habe ihm aber abgeraten, mich zu kopieren. Jeder kocht anders, auch wenn es die gleichen Rezepte sind. 

Nun wird die Fischerstube in Weesen ab März ohne Dieter Frese wieder öffnen. Feinschmecker und Fischliebhaber blicken der neuen Ära wohl gespannt entgegen. 

Jérôme Stern, Linth24