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Benken
17.12.2022
17.12.2022 08:41 Uhr

Projekt Alterszentrum gestoppt

Das Tschächli bleibt bis auf weiteres das einzige Altersheim in Benken.
Das Tschächli bleibt bis auf weiteres das einzige Altersheim in Benken. Bild: zvg Gemeinde Benken
Es schien alles auf gutem Weg. Doch nun wird das Projekt «Neubau Alterszentrum» in Benken mit sofortiger Wirkung gestoppt.

In seiner Mitteilung auf der Webseite von Benken gibt der Gemeinderat heute Samstagmorgen überraschend den Stopp des Projekts Alterszentrum bekannt.

Nach der offiziellen Darstellung scheinen sich mehrere gleichzeitig laufende Projekte gegenseitig im Weg zu stehen, müssen miteinander abgestimmt werden und haben zum Projektstopp beim neuen Alterszentrum Benken geführt:

Erstens: Die Zentrumsgestaltung, die Verkehrsführung und die Schulraumplanung.

Zweitens: Die aktuelle Situation bei der Betreuung von alten Menschen. Hier stellen die Pläne von privaten Investoren für den Bau von Alterswohnungen im Dorfzentrum und die gute Auslastung des bestehenden Altersheims im Tschächli die Notwendigkeit eines neuen Alterszentrums in Frage.

Drittens: Zentrumsnahme Grossprojekte wie der Wärmeverbund.

Die Mitteilung ist deshalb überraschend, weil Benkens Gemeindepräsidentin Heidi Romer noch am Freitag in der Linth Zeitung das «coole» neue Dorfzentrum vorstellen konnte. Im Artikel war von Abrissen bestehender Häuser, Neubauten, Tempo 30 und viele weitere Massnahmen die Rede, aber zum Stopp beim Neubau des Alterszentrums im Dorfkern von Benken gab es kein Wort.

Die Mitteilung des Gemeinderats zeigt, dass tatsächlich viele Parameter geändert haben, welche ursprünglich die Grundlagen für das Projekt waren. Dazu gehört auch die nicht ganz neue Erkenntnis, dass heute alte Menschen lieber zuhause wohnen und gepflegt werden wollen, als in ein Alterszentrum verschoben zu werden. 

Liest man die Mitteilung des Gemeinderats genau, dann entsteht der Eindruck, dass hier getreu dem Motte gehandelt hat: «Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.»

Mario Aldrovandi/Linth24 

 

Die Mitteilung des Gemeinderats im Original

(Hervorhebungen durch Linth24)

Bericht
Im Frühling 2019 haben die Bürgerversammlungen der Politischen Gemeinde und der Ortsgemeinde dem Vorhaben «Neubau Alterszentrum» im Dorfkern von Benken zugestimmt. Das dafür vorgesehene Grundstück gehört je hälftig der Politischen Gemeinde und der Ortsgemeinde. Finanziert werden soll die Immobilie durch einen Investor mit Erfahrung im Bereich Alter und Pflege. Da die Ortsgemeinde das neue Alterszentrum nicht selber betreiben wird, muss auch ein externer Betreiber gesucht werden.

Die letzten Details für die dazu notwendige öffentliche Ausschreibung sowie die Besetzung der Jury für den Neubau Alterszentrum sind seit Mai 2022 bestimmt. Der Entwurf für den Zeitplan und das Verfahren der Ausschreibung liegt vor. Gemäss diesem Plan könnte die auf «Wohnen im Alter» spezialisierte und dafür beauftragte Firma Casea AG im Januar 2023 mit der Durchführung der Ausschreibung beginnen.

Gemeinderat und Ortsverwaltungsrat haben jedoch gemeinsam entschieden, das Projekt «Neubau Alterszentrum» aufzuschieben. Dies im Hinblick auf die aktuell anstehenden Grossprojekte in Zentrumsnähe. Ausschlaggebend für den Entscheid ist zudem, dass das Altersheim Tschächli sehr gut aufgestellt ist und deshalb keine Notlage besteht.   

Grossprojekte aufeinander abstimmen
Ein grosses Vorhaben ist die Neugestaltung des Dorfzentrums. Dieses beinhaltet das Projekt «Dorfdreieck» mit der privaten Neuüberbauung eines Architekten, in welcher auch altersgerechte Wohnungen geplant sind. Nebst diesem aufwändigen Bauvorhaben wird die geplante neue Verkehrsführung für den motorisierten Individualverkehr und den Langsamverkehr im Zentrum von Benken zu einer weiteren Herausforderung. Für das Projekt zuständig sind das kantonale Tiefbauamt und die Gemeinde. Ein zweites herausforderndes Projekt ist die Schulraumplanung der Politischen Gemeinde mit dem anschliessenden Um- und Neubau. Bei einem planmässigen Ablauf sind beide Projekte bis im Jahr 2029 abgeschlossen.

Im gleichen Zeitraum stehen bei der Ortsgemeinde ebenfalls zwei Grossprojekte an. In Planung sind das Projekt Wärmeverbund südlich der Rietsporthalle sowie die neue Erschliessungsstrasse zum Starrbergtöbeli.  

Die Zentrumsnähe der Projekte bedingt während der Bauzeit eine optimale Abstimmung in Bezug auf die Installationsplätze, den Verkehr und den Baustellenlärm. Eine weitere anspruchsvolle Aufgabe ist die Sicherstellung der personellen Ressourcen, um einen optimalen Projektablauf zu gewährleisten.

Neue Erkenntnisse über das «Wohnen im Alter»
Der Aufschub des geplanten Alterszentrums hat den Vorteil, dass neue, wegweisende Erkenntnisse zum Thema «Wohnen im Alter» in das Projekt einfliessen können.

Aktuell liegt ein Bericht zum Thema Alterspolitik vor, den die Regierung gemeinsam mit der Vereinigung St. Galler Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten in Auftrag gegeben hat. Der umfangreiche Bericht bestätigt im Wesentlichen die Entwicklung, die auch in Benken beobachtet werden kann.

Das Themenfeld Alter(n) ist sehr komplex und dynamisch. Es kommt eine neue Generation ins Alter, die grossmehrheitlich aktiv ist, sich fit hält und sich am gesellschaftlichen Leben beteiligt.

Neue Wohnformen gewinnen für diese Generation an Bedeutung. Ambulante Betreuungsmöglichkeiten wie z.B. Spitexdienste werden vermehrt genutzt, um den Eintritt in ein stationäres Angebot möglichst lange hinauszuschieben. Die Corona-Pandemie hat diesen Trend zusätzlich verstärkt. Dies wirkt sich auf den prognostizierten Bedarf an Pflegeplätzen aus, was beobachtet werden muss.

Die Entwicklungen bezüglich der vermehrten ambulanten Pflege, der spezialisierten Langzeitpflege und der Betreuung dementer Patientinnen und Patienten stehen aktuell stark im Wandel. Eine Prognose kann zum heutigen Zeitpunkt zwar nicht abschliessend gestellt werden, aber die neuen Erkenntnisse werden für das Projekt «Neubau Alterszentrum» wegweisend sein.

Nicht auf die lange Bank schieben
Dem Gemeinderat und dem Ortsverwaltungsrat ist es ein Anliegen, das Projekt nicht unnötig zu verzögern. Im Vordergrund steht das Ziel, das Projekt zukunftsorientiert und angepasst an die neuen Bedürfnisse älterer Menschen zu planen. Zudem sind die bisher generierten Kosten durch den Auftrag an die Casea AG nicht nutzlos verschwendet - die Vorarbeiten sind auch zu einem späteren Zeitpunkt noch gültig. Auch konnte der Gemeinderat aufgrund dieser Grundlagen bereits die Vereinbarung mit der Ortsgemeinde über die Erbringung von stationären Leistungen abschliessen.

MAL/Linth24