Home Region Sport Schweiz/Ausland Rubriken Agenda
Rapperswil-Jona
14.08.2024
16.08.2024 06:29 Uhr

China-Deal (mit Vorbehalt) dahingefallen!

China-Deal endlich vom Tisch – mit einem kleinen Vorbehalt.
China-Deal endlich vom Tisch – mit einem kleinen Vorbehalt. Bild: Linth24
Der Stadtrat teilt mit, das Land im Joner Schachen werde nicht an die China-Firma SinoSwiss überschrieben. Aber es ist noch nicht alles in trockenen Tüchern. Von Bruno Hug

Stadtpräsident Martin Stöckling und Stadtrats-Vize Kurt Kälin hatten heute Mittwoch im China-Deal erstmals gute Nachrichten: Es gebe «keinen Verkauf des Grundstücks im Schachen an die SinoSwiss (Switzerland) Technopark AG». Der Vertrag mit den Chinesen sei wegen «nicht eingehaltener Fristen ersatzlos dahingefallen».
Das ist aber nicht die ganze Wahrheit. Doch (Vor)Freude kommt trotzdem auf.

Eckpunkte Deals

Die Eckpunkte des China-Deals waren: Der Stadtrat verkaufte an SinoSwiss am 21. April 2021 2'000 m2 Stadtland. Das Land aber werde erst nach einer Baubewilligung für den China-Bau überschrieben. Eine solche habe bis 31. Januar 2024 vorzuliegen. Oder bei Bau-Einsprachen bis 31. Januar 2026.

Rückzug Einsprache

Nun aber gab es nur eine Einsprache, und zwar vom hier Schreibenden im letzten Dezember. Diese richtete sich gegen die Bauauflage für den China-Bau. Dies mit dem Ziel, die Erteilung einer Baubewilligung durch die Stadt bis Ende Januar 2024 zu verhindern.
Als dieses Ziel erreicht war und die China-Firma gegen die Baueinsprache vorging, wurde sie im Juni 2024 zurückgezogen. Das im Wissen, dass der Landverkaufsvertrag zwischen der Stadt und SinoSwiss jetzt «dahinfällt».

Chinesen wollen bauen

Nach diesem Rückzug forderte die China-Firma SinoSwiss, dass die Stadt ihr nun die Baubewilligung für ihr Projekt für den geplanten Bau im Schachen erteilt und ihr gemäss Vertrag vom 21. April 2021 das Land überschreibt.

Fällt dahin

Das war laut Stadtpräsident das Signal für den Stadtrat, den Verkaufsvertrag prüfen zu lassen. Die Analyse kam zum selben Schluss wie zwei Rechtsberater von Linth24: Der Vertrag zwischen SinoSwiss und der Stadt fällt ersatzlos dahin.

Stadtrats-Taktik

Dass der Stadtrat seine Argumentation zum Hinfall des Vertrags nun stark auf das unvollständige und spät eingereichte Baugesuch ausrichtet, könnte taktische Gründe haben. Er will die Schuld zum Scheitern des Projekts der China-Firma zuschieben.

Warten auf Offenlegung  

Zudem wurde vor rund zwei Monaten, wie der Stadtpräsident an der Medienkonferenz auf Anfrage von Linth24 bestätigte, zwischen SinoSwiss und Stadt noch ein «Erklärungspapier» geschaffen.  
Linth24 hat am 27. Juni 2024 dessen Offenlegung gefordert. Wie Stadtpräsident Stöckling aber ausführte, sträubt sich SinoSwiss dagegen. Der Stadtrat habe jedoch beschlossen, diese «Erklärung» bald öffentlich zu machen.

Deal wirklich vom Tisch?

Gibt es darin keinen Stolperstein, dürfte der China-Deal Vergangenheit sein. Und es kann ein seriöses Studium beginnen, was die Stadt mit ihrem Land macht.

Doch vorerst ist noch offen, ob SinoSwiss die Nachricht, der China-Deal sei vom Tisch, ohne Schadenersatzforderungen an die Stadt akzeptiert.
Man könnte es so sagen: Die Spielzeit ist zu Ende. Es geht nun noch in die Verlängerung – wie lange diese dauert, ist im Moment offen.

Kommentar: Zu viel lief schief

«Im Nachhinein ist man immer schlauer», sagte Stadtrat Kurt Kälin an der Medienkonferenz zum Hinfall des China-Deals. Da hat er recht. 
Nun, da dieser aber (fast) vom Tisch ist, darf man mit Fug und Recht auch fragen, wie die Sache gelaufen wäre, wenn es die Recherchen und Berichte von Linth24 nicht gegeben hätte?

Stadtpräsident Stöckling und Stadtrat Kälin brachten vor, die politische Grosswetterlage habe sich im Zusammenhang mit China stark verändert. Als die Gespräche mit SinoSwiss begonnen hätten, sei das noch anders gewesen. Der Stadtrat sei damals davon überzeugt gewesen, mit dem Landverkauf etwas Gutes zur Start-up-Förderung zu tun. Und auch die verspätete Kommunikation sei zu erklären. Man habe mit der Information erst dann starten wollen, wenn alles festgesetzt sei.

Das mag man dem Stadtrat glauben. Trotzdem aber lief beim China-Deal viel zu viel schief. Linth24 fasst (hoffentlich) ein letztes Mal zusammen:  

  • Am 22. Juni 2020 protokollierte der Stadtrat zum China-Deal, das Land werde hiesigen Unternehmen nicht angeboten. Deshalb sei die China-Firma genau zu prüfen. Der Stadtrat wusste also, dass er lokale Firmen ausliess und verkaufte das gutgelegene städtische Bauland an die chinesische Firma.

  • Am 22. Juni 2020 fällte der Stadtrat den Verkaufsbeschluss und orientierte sich an einer 10 Jahre alten Landschätzung. Obwohl er zuvor seit den ersten China-Kontakten rund 2 Jahre Zeit gehabt hätte, eine aktuelle Landschätzung zu bestellen. Ein Versäumnis, das das St.Galler Verwaltungsgericht in seinem Urteil massiv kritisiert.

  • Der Stadtrat hielt den Landverkauf 22 Monate geheim und informierte erst, als Linth24 auf den Fall aufmerksam wurde und Fragen dazu stellte. 

  • Zu seiner Verkaufskompetenz schrieb der Stadtrat in sein Protokoll, es sei «nicht davon auszugehen», dass der Landverkauf dem Referendum zu unterstellen sei. Der Stadtrat stützte sich also auf eine Vermutung, was das Gericht als «unhaltbar» und «willkürlich» einstufte.

  • Der Stadtrat begründete seine Verkaufskompetenz mit einem viel zu tiefen «amtlichen Steuerwert», was das Gericht stark beanstandet. 

  • Nachdem der Deal aufflog, stützte sich der Stadtrat auf einmal noch auf eine weitere Landschätzung. Sie aber tauchte erst zwei Monate nach seinem Verkaufsbeschluss auf, und das gerade einmal 1 (!) Tag vor Vertragsunterzeichnung mit der China-Firma.

  • Statt im Baurecht verkaufte der Stadtrat das Land, was vollkommen unüblich ist. Seine Argumentation, die Chinesen würden das Baurecht nicht kennen, war unglaubwürdig. In China gehört alles Land dem Staat. 

  • Im Land-Verkaufsvertrag verpflichtete sich die Stadt, «sämtliche Baugesuchs-Unterlagen (der China-Firma) ohne Verzug zu unterzeichnen», was ebenfalls unüblich ist. 

  • Der Stadtrat fällte seinen Verkaufsbeschluss gemäss seinem Protokoll in grosser Eile, weil die China-Firma den Landkaufs-Preis per sofort in die Schweiz schleusen wollte.

  • Der Stadtrat hat sich im Einklang mit dem Kanton mit immenser Energie mehrfach gegen die Anerkennung der Beschwerde Raetzo gewehrt. Eine fundierte Abklärung seiner Kompetenz aber hätte von Anfang an in seinem Interesse sein müssen – statt sich dagegen zu wehren.

  • Der Stadtpräsident hat noch im November 2023 öffentlich gesagt, ein Entscheid des Verwaltungsgerichts gegen den China-Deal bedeute «nichts» und könne den Landverkauf an SinoSwiss «nicht verhindern». (Es kam dann anders.)

  • Zum Schluss. Der Stadtrat hat Linth24 mit Textlöschungen und Gegendarstellungen zum China-Deal durch seinen Zürcher Anwalt geradezu bombardiert – allein sechs zum Linth24-Magazin. Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts lösten sich faktisch alle in Luft auf und waren somit reiner Geld- und Energieverschleiss.   

 

 

Bruno Hug